Oberhausen. In den Abschlussreden zum Etat 2015 ging es im Rat der Stadt Oberhausen um die richtigen und falschen Weichenstellungen. Die Opposition aus CDU, BOB und Linke kritisiert Ideenlosigkeit und zu hohe Lasten für Bürger und auch für Firmen.
Nach über dreistündiger Debatte genehmigte letztendlich die Mehrheit des Rates den Haushalt 2015 – mal mit nur knapper Mehrheit von SPD, Grünen und FDP, mal inklusive CDU. Die Linken stimmten in allen Punkten dagegen, das Bürgerbündnis BOB fast überall, weil sie die Ausrichtung des Etats mit Einschnitten und Steuererhöhungen für alle Bürger für falsch erachten. Mit Lasten für die Ärmsten (Linke) und Steuererhöhungen für die Wirtschaft (BOB) könne Oberhausen nicht aus der tiefen Krise geführt werden. Auch die CDU lehnt die erneuten Steuererhöhungen für Bürger und Unternehmen auf Spitzenwerte in der Region ab.
Traditionell nutzen die Fraktionen den Abschluss der Beratungen über den Etat für das nächste Jahr zur Generalabrechnung mit der Stadtregierung – oder mit dem Stil der Opposition. Hier Auszüge aus den verschiedenen Haushaltsreden der Fraktionssprecher.
SPD greift Opposition an: Sie sagt aus Machtkalkül nur Nein
Wolfgang Große Brömer, SPD-Fraktionschef: „Fördermittel für die Stärkung der Marktstraße, für das neue Jugendzentrum, für die Sterkrader Innenstadt, für den Stadtteil Lirich und rund 10 Millionen Euro Förderung allein für Osterfeld ab 2015! In der Summe ist das eine Förderung von über 22 Millionen Euro!
Diese guten Nachrichten für Oberhausen sind nur möglich geworden, weil wir uns allen Unkenrufen zum Trotz erfolgreich am NRW-Stärkungspakt beteiligen. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass wir diese Stadt auch in den nächsten sechs Jahren gestalten wollen und werden. Und wir werden – wie bereits in der Vergangenheit – die Bürger bei der Entwicklung unserer Stadt mitnehmen und mitbestimmen lassen. Mit den Ideenwerkstätten in Osterfeld und am John-Lennon-Platz haben wir bewiesen, dass die Koalition es ernst meint. Eine breite Bürgerbeteiligung ist die Basis unseres politischen Handelns. Und deshalb ist es für uns auch eine Selbstverständlichkeit, zum Bau der Linie 105 einen Ratsbürgerentscheid durchzuführen. Wer in der Frage Ratsbürgerentscheid zur Linie 105 recht durchsichtig versucht, zu tricksen und zu täuschen, wer Bürgerbeteiligung recht kleinkariert mit Fragen nach den Kosten problematisieren will, der hat immer noch nicht verstanden, dass Beteiligungsprozesse in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar sind. Mit einer Opposition, die einzig und allein aus Prinzip und aus Machtkalkül ‘Nein’ sagt, ist kein Staat, ist keine Stadt zu machen.“
CDU verurteilt Steuererhöhungen und verlangt einen härteren Sparkurs
Daniel Schranz, CDU-Fraktionsvorsitzender: „Die Realität hat mit dem Bild, das Sie zeichnen nichts, aber auch gar nichts zu tun. Bei fast allen einschlägigen Rankings stecken wir im Tabellenkeller fest.
Noch in seiner Haushaltsrede am 15. September hat der Kämmerer hier an dieser Stelle eine Haushaltssperre für nicht nötig befunden – eine Aussage mit einer Halbwertzeit von gerade einmal vier Wochen. Mangelnde Planung oder versuchte Schönfärberei? So brechen die Gewerbesteuereinkünfte gegenüber Ihrer Planung massiv ein: 2013 wollten Sie 101 Millionen Euro einnehmen, doch nur 76 Millionen sind es. Und 2014 ist es mit 85 Millionen gegenüber kalkulierten 103 Millionen Euro nicht besser. Doch zu einem Umdenken, ob der Weg der drastischen Steuererhöhungen der richtige ist, führt das nicht.
Wir als CDU haben vor dieser Steuerschraube gewarnt, weil höhere Steuersätze eben nicht auch ein höheres Aufkommen bedeuten. Höhere Steuereinnahmen bekommt man nur dann, wenn man mehr für die Schaffung von Arbeitsplätzen macht. Sie beschließen heute weitere Steuererhöhungen. Das beschädigt den Wirtschaftsstandort Oberhausen! Die CDU hat eine Alternative formuliert, die wir auf Euro und Cent vorgerechnet haben, nämlich mehr zu sparen und weniger den Bürger zu belasten. Doch Sie tun das Gegenteil. Was in unserer Stadt an Verschwendung vor sich geht, spottet jeder Beschreibung. Allein die über- und außerplanmäßigen Ausgaben für 2014 belaufen sich auf über 15 Millionen Euro.“
Grüne sehen Sparpaket als Chance, FDP will Bürger mehr beteiligen
Regina Wittmann, Grünen-Fraktionsvorsitzende:„Wir wissen, dass unser kommunaler Haushalt in den letzten Jahren mit schweren Belastungen für die Oberhausener Bürgerinnen und Bürger einherging. Wir haben das Sparpaket jedoch verabschiedet, um die Situation in Oberhausen langfristig nachhaltig zu verbessern. Wir stellen unsere Finanzen unter großen Anstrengungen und um den Preis erheblicher Einschränkungen auf eine solide Grundlage – trotz großer Widerstände und massiver Kritik. Ja, wir sind gut unterwegs, auf einem beschwerlichen, aber vielversprechenden Weg. Unsere Aussage lautet weiterhin „Sparen mit Augenmaß“. Wir als Grünen-Fraktion sind mit der Koalition bei unseren Grundsätzen geblieben: keine Institution radikal zu kürzen oder zum langsamen Dahinsiechen zu verurteilen, Infrastrukturen so weit wie möglich zu erhalten und auf Sozialverträglichkeit zu achten. Der noch lange Weg bis zum Haushaltsausgleich ist kein Spaziergang. Aber hat denn jemand gesagt, dass es einfach wird?“
Hans-Otto Runkler, FDP-Gruppenchef: „Wir wollen Belastungen für die Menschen, wie die beschlossenen Anhebungen von Grund- und Gewerbesteuer, auf den Prüfstand stellen und darauf möglichst verzichten, wenn dies die bislang erst zugesicherten Bundesmittel ermöglichen. Wir wollen den Menschen Mut machen, die unternehmerisches Risiko wagen und bürokratische Hürden abbauen. Wir wollen den Vorbildcharakter öffentlichen Handelns bei energetischen Standards in Baumaßnahmen der Stadt verwirklichen. Wir wollen mehr Grün erhalten und anpflanzen. Zudem werden wir auch den privaten Hauseigentümer schon Frühjahr 2015 von der Antrags- und Genehmigungspflicht der Baumschutzsatzung befreien. Wir werden die wirtschaftliche und organisatorische Aufstellung der städtischen Beteiligungen auch extern prüfen lassen.
Die FDP will zudem die Bürgerbeteiligung stärken. Sie soll allen Menschen möglich sein und nicht das Recht des Lautesten und Dreistesten stärken. Frühe Informationen bei allen Maßnahmen im persönlichen Umfeld, vor der Haustür, sind hier ganz besonders wichtig.“
Linke lehnt die Sparpakete bis 2021 ab, BOB sieht Ampel im Tal der Ideenlosigkeit
Lühr Koch, Linken-Finanzpolitiker:„Seit Jahrzehnten leiden Oberhausener unter Haushaltssicherungskonzepten. Es ist politisch gewollt, dass diese Maßnahmen die Schwächsten und Schwächeren treffen. Wie also ist die Lage in unserer Stadt? Oberhausen zahlt gerade 8,5 Millionen Euro Gewerbesteuer an ein Unternehmen zurück. Unser Kämmerer hat daraufhin eine Haushaltssperre auf alle freiwilligen Leistungen verhängt. Nicht wirklich schön für Sportvereine, Jugendarbeit, die Wohlfahrtspflege oder die Kultur in Oberhausen! Oberhausen hat einen für jeden Bürger ersichtlichen und fühlbaren Investitionsstau: marode Brücken, Straßen, Kindertagesstätten, Schulen, Spiel- und Sportplätze, Grünanlagen. 27 Prozent der Familien mit Kindern leben in armen oder armutsnahen finanziellen Verhältnissen, und 17,4 Prozent der Familien ebenso, obwohl mindestens eine Person erwerbstätig ist. Nein, Oberhausen ist in diesem Zustand nicht die Stadt der Wahl, wenn jemand einen neuen Wohnort sucht.“
Karl-Heinz Mellis, BOB-Fraktionschef: „Der Haushalt ist auf Kante genäht, das Führungspersonal der Stadt ist damit überfordert, die neuen Einnahmeausfälle führen nur zu mehr Belastungen der Bürger. Die rot-grün-gelbe Stadtregierung ist im Tal der Ideenlosigkeit angekommen. Die Ampelkoalition führt Oberhausen immer tiefer in die Krise. Wer weiter die Gewerbesteuern anhebt, sorgt dafür, dass Unternehmen unsere Stadt verlassen. Nur bei niedrigeren Gewerbesteuern ziehen Betriebe nach Oberhausen. Seit Jahren erlebt Oberhausen einen wirtschaftlichen Niedergang. Die Stadtspitze versteht sich nur als Bittsteller bei Bund und Land. Bei der Stadtplanung gibt es keine verbindende Idee, keine Vision, sondern nur aktionistisches Verhalten.“