Oberhausen. . Bei der Benennung von Straßen, Plätzen und Hallen geht es manchmal durchaus politisch zu, weiß Petra Oehlandt, die im städtischen Fachbereich Erschließung und Beiträge auch für die Benennung von Straßen verantwortlich ist.
Im Alltag machen sich wohl die wenigsten darüber Gedanken, welche Geschichte eigentlich hinter dem Straßennamen in ihrer Adresse steckt – Hauptsache sie haben überhaupt eine Anschrift. Das ist nicht immer selbstverständlich, denn wenn in Neubaugebieten neue Straßen entstehen, kann deren Benennung schon mal zu einem langwierigen Prozedere und in Einzelfällen gar zum Politikum geraten, wie die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat.
Niemand weiß das besser als Petra Oehlandt, die im städtischen Fachbereich Erschließung und Beiträge auch für die Benennung von Straßen verantwortlich ist. „Ich wünsche mir manchmal, dass die zuständigen Gremien sich in solchen Fragen schneller einigen würden“, sagt die Sachbearbeiterin. Denn: „Gerade in Notfällen kann es gefährlich werden, wenn ein Rettungswagen zu einem Einsatzort bestellt wird, wo noch kein offizieller Straßenname vorhanden ist.“
Doch kulminieren in solchen Entscheidungsprozessen eben oft politische Haltungen mit menschlicher Eitelkeit – und diese Mischung kann die Sache schon mal erheblich hinauszögern. Wer war für die Oberhausener Stadtgeschichte so bedeutsam, dass seine Lebensleistung durch einen Straßennamen gewürdigt werden müsste? Hat eine Person wirklich einen tadellosen Ruf, dass eine Straßenbenennung nach ihr auch in hundert Jahren noch zu rechtfertigen ist? Historisch belastete Namen wie die frühere Adolf-Hitler-Straße oder die SS-Straße sind heute weitgehend aus dem Stadtgebiet verschwunden. Doch gleicht jede Umbenennung für die Anwohner einem Umzug, da die eigene Anschrift bei allen wichtigen Institutionen geändert werden muss – ein bürokratischer Kraftakt.
Vorschläge finden selten Anklang
„Ich persönlich plädiere dafür, Straßen möglichst nach landschaftlichen Aspekten und nicht nach Persönlichkeiten zu benennen. Dann gibt es auch keinen Ärger.“ Pflanzen, Beeren, Bäume – so etwas täte niemandem weh, bringt Oehlandt es auf den Punkt. Auch gibt es die Vorgabe, dass eine Person mindestens acht Jahre verstorben sein muss, bis man eine Straße nach ihr benennen kann. Nur wenn aus der Politik Bestrebungen kommen, diese Regelung außer Kraft zu setzen, wird sie in Ausnahmefällen nicht eingehalten; 2012 wurde etwa die Pacellistraße umbenannt und erhielt den Namen des 2010 verstorbenen Oberhausener Regisseurs Christoph Schlingensief.
Wenn neue Straßennamen hermüssen, studiert Oehlandt zunächst intensiv die Bebauungspläne und die Lage, um sich dann mit einem Mann zu beraten, der die Geschichte Oberhausens kennt wie kaum ein zweiter: Historiker Karl Lange. „Herr Lange ist für meine Arbeit eine unschätzbare Stütze“, sagt Oehlandt wertschätzend über den 90-Jährigen. Der Oberhausen-Kenner durchforstet dann akribisch die Archive und trägt Informationen zusammen, die früher einmal für diesen Ort bezeichnend waren – Pflanzen, die dort wuchsen, Berufe, die dort ausgeübt wurden, landschaftliche Merkmale, die den Ort prägten.
Auf dieser Grundlage macht Lange der Stadt einen Vorschlag, der dann an die zuständige Bezirksvertretung weitergeleitet wird. Wird der Straßenname durchgewunken, kommt es zu einer Beschlussvorlage – ist dies nicht der Fall, landet er wieder auf Oehlandts Schreibtisch und die Suche geht von vorn los. „Im Moment finden unsere Vorschläge selten Anklang. Es gab schon Benennungsverfahren, die sich über Jahre hingezogen haben“, sagt sie.
So ist es mitunter ein schwieriges Unterfangen, die Suche nach einer wirklich guten Adresse.