Mülheim. Der Spielhallen-Wildwuchs in Mülheim hat die Verluste an Spielautomaten in schwindelerregende Höhen getrieben. Gegensteuern gestaltet sich für die Stadt schwierig. Zumal noch überhaupt nicht klar ist, wie die Verschärfungen im Glücksspielstaatsvertrag umzusetzen sein werden.
Die Geldspielgeräte in der Stadt laufen heiß – und der chronisch klamme Kämmerer will davon durch die Erhöhung der Vergnügungssteuer von 17 auf 18 % des Umsatzes in Spielhallen und Gaststätten profitieren.
Im vergangenen Jahr verzockten Bürger an 814 im Stadtgebiet aufgestellten Geldspielgeräten 13,6 Mio. Euro. Heißt: Jeder Glücksspielautomat schluckte rein rechnerisch 16.756 Euro. Dass die Spielsucht in der Stadt verstärkt als Krankheitsbild wuchert, ist bei diesen Geldsummen nicht verwunderlich. Seit dem Jahr 2005 hat sich die Zahl der Spielhallen und damit der Geräte mehr als verdoppelt (trotz leicht rückläufiger Entwicklung im Vorjahr). Es sind so viele Millionen verzockt worden, dass damit selbst das riesige Haushaltsloch von kalkulierten 80 Mio. Euro im kommenden Jahr locker gestopft werden könnte.
Stadt will Steuern anheben
Aktuell will die Stadt die Gerätebetreiber wiederholt stärker zur Kasse bitten, der Vergnügungssteuersatz soll im kommenden Jahr von 17 auf 18 % heraufgesetzt werden. Die Stadt verspricht sich ein Plus von 140.000 Euro im Jahr (Einnahme 2013: 2,3 Mio. Euro).
Weiterhin herrscht derweil große Unklarheit, wie die Stadt die Verschärfungen im Glücksspielstaatsvertrag umsetzen kann. Der Staatsvertrag schreibt vor, dass die Städte ihre Spielhallen-Landschaft bis zum 1. Dezember 2017 deutlich zu bereinigen haben. Fortan darf im Umkreis von 350 Metern nur noch eine Konzession für den Betrieb von maximal zwölf Geldspielgeräten vergeben sein. Ebenso sind 350 Meter Abstand von einer Spielhalle zu Schulen und Kinder- und Jugendeinrichtungen einzuhalten.
Laut Jörg Eickhoff, dem für Spielhallen zuständigen Mitarbeiter im Ordnungsamt, hätte die strikte Umsetzung des Gesetzes zur Folge, dass mehr als die Hälfte der Spielstätten und Geräte vom Mülheimer Markt verschwinden müssten. Doch bei der Stadt herrscht große Unklarheit, wie dies rechtssicher umzusetzen sein wird. Welche Konzessionen sind einzukassieren? Mit einem Fragenkatalog haben sich Ordnungs- und Rechtsamt an das NRW-Innenministerium gewandt. Mit der Bitte, feste und möglichst landeseinheitliche Kriterien für die bevorstehenden Zwangsmaßnahmen an die Hand zu bekommen.
Betreiber machen bereits unbillige Härten geltend
Schon jetzt haben laut Eickhoff einige Spielhallen-Betreiber bei der Stadt vorsorglich unbillige Härten geltend gemacht, um möglicherweise vom Konzessionsentzug verschont zu bleiben. Dabei machten sie etwa langfristige Mietverträge geltend oder wiesen darauf hin, dass sie die 350-Meter-Marke nur knapp nicht einhielten.
Eickhoff wünscht sich per Verordnung oder Ministererlass klare Aussagen dazu, nach welchen Kriterien die Stadt dem Spielhallen-Wildwuchs Herr werden kann. Kommen die nicht, drohen wohl juristische Auseinandersetzungen.