Mülheim. . Drei Stunden lang lieferte der unterfränkische Kabarettist Urban Priol einen Parforceritt durch die deutsche Politik. Bei Adenauer gibt’s los und hinein bis in die Gegenwart. Da ließ er kaum ein aktuelles Thema aus und scheute auch die flacheren Witzebenen der Comedy nicht.
Urban Priol verlangte sich und seinem Publikum bei seinem Auftritt in der Mülheimer Stadthalle einiges ab: Drei Stunden Programm, das brauchte Stehvermögen beim Mann auf der Bühne und Sitzfleisch beim Publikum davor. Eine Menge Konzentration auf beiden Seiten sowieso. Denn was der bayerische, Pardon, unterfränkische Kabarettist, den viele aus dem Fernsehen kennen, auf er Bühne ablieferte, war ein Parforceritt durch die deutsche Politik von Adenauer bis zur Gegenwart, mit vielen, vielen Nebenschauplätzen.
Wobei Priol Abstecher in die flacheren Witzebenen der Comedy nicht scheute. Kohl-Tonbänder, Bundeswehr, Haushalt, Parteien, Flughafen Berlin, Fußball, Ukraine, IS, Ebola, Kirche, Medien, Frauen, NSA, Bahnstreik, Männer... kaum ein Thema wurde ausgelassen. Urban Priol, Jahrgang ‘61, erfreute sein überwiegend reiferes Publikum zudem gern mit Erinnerungen an die gute alte Zeit – den 1980ern.
Bemerkenswertes komödiantisches Talent
Also quasi „Leben 1.0“, wo man, zum Beispiel noch sehr vorsichtig mit seinen Daten war. „Wir sind 1987 gegen die Volkszählung auf die Straße gegangen. Und heute gibt jeder im Supermarkt seine Sexualpraktiken preis in der Hoffnung auf ein paar Glückspunkte extra.“
Das komödiantische Talent Priols ist wirklich bemerkenswert: Mit wenigen Gesten und Sätzen wechselt er zwischen Kanzlerin oder Verteidigungsministerin („die letzte Blendgranate im Munitionsdepot, die noch voll funktionsfähig ist“), wobei er sich in der Parodie von Kohl oder Schröder besonders sicher im Ton bewies. Richtete sich Priols spitze Zunge mal gegen den „mündigen Bürger“, also gegen uns, verfiel er gern ins Mundartliche – doch am Ende bedankte er sich brav für den schönen Abend. Gleichfalls!