Mülheim. Die Fraktionen im Mülheimer Stadtrat tun sich schwer mit weiteren Belastungen für die Mülheimer Bürger. Alternativen sind gesucht. Hohe ÖPNV-Verluste bereiten zunehmend Sorgen. Im Dezember steht der Haushalt zur Abstimmung.
Eine politische Mehrheit für die vom Kämmerer vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer von 560 auf 640 Prozentpunkte zeichnet sich (noch) nicht ab. Von der glatten Ablehnung bis hin zur noch offenen Diskussion reichen die Reaktionen aus den Ratsfraktionen. Kämmerer Uwe Bonan hatte angesichts eines neuen Defizits von 80 Millionen Euro für das kommende Jahr die Anhebung der Steuern dringend empfohlen, um in der Stadt handlungsfähig zu bleiben und keine weiteren Einrichtungen schließen zu müssen.
„Einnahmeverbesserungen über Steuererhöhungen gelten bei uns nur als allerletzte Möglichkeit“, sagt Hansgeorg Schiemer (CDU). Der Vorschlag des Kämmerers, der der Stadt etwa fünf Millionen Euro im Jahr mehr einbringen würde, könne nicht der Weg aus der Krise sein. In der SPD wird darüber noch debattiert; von der AfD, der FDP, den Mülheimer Bürgerinitiativen kommt ein klares Nein.
MVG als "bemerkenswerter Luxus"
„Unser Hauptaugenmerk“, sagt Peter Beitz (FDP), „liegt auf dem ÖPNV.“ Bei jährlich über 30 Millionen Defizit – und das steigend – sehen nicht nur die Liberalen dort den größten Handlungsbedarf. Den Umstieg von Schiene auf Straße propagiert nun auch die AfD, deren Fraktionschef Jochen Hartmann als mögliche Einnahmequelle auch einen stärker genutzten Flughafen ins Spiel bringt. Im Flugverkehr von Mülheim aus würden auch die Liberalen gerne etwas für die Wirtschaft tun, „wenn man schon bei den Gewerbesteuern höher liegt als anderswo“.
Für die MBI gilt die alte Forderung nach einer Verkehrsgesellschaft mit den Nachbarstädten. Dass sich Mülheim noch eine eigene Gesellschaft leiste sei im Jahre 2014 „ bemerkenswerter Luxus“, meint Tim Giesbert (Grüne).
Resignation macht sich breit
Doch es geht nicht nur um den ÖPNV. Der Kämmerer hat den Fraktionen mit auf den Weg gegeben, über die Standards nachzudenken: Mülheim gibt etwa für die Ganztagsbetreuung an Schulen zum Teil das Vierfache von dem anderer Kommunen aus. Und: Die Ausgaben für Sozialleisten pro Kopf liegen viel höher als anderswo. „Es gibt VW und Mercedes, Mülheim bietet noch Rolls Royce an“, so Beitz. Bei den Fraktionen scheint das anzukommen zu sein, auch wenn die SPD signalisiert: „Ich glaube nicht, dass wir von der Qualität der Betreuung an Schulen abrücken“, sagt Claus Schindler, er sagt aber auch, über Optimierungen und Synergien lasse sich reden.
Im Dezember steht der Haushalt zur Abstimmung. Angesichts der täglich steigenden Kassenkredite auf nun insgesamt 860 Millionen fragt Lothar Reinhard (MBI) nach dem Sinn der kleinen Einsparungen und Einnahme-Erhöhungen, die die Politik bis dahin erzielen mag. „Was hilft das noch?“ So macht sich ein wenig Resignation breit. „Es ist ein Elend“, sagt Jürgen Pastowski (Grüne), „dass Mülheim zwei Mal beim Stärkungspakt nicht berücksichtigt worden ist.“