Die Aufgabe ist einer Abiklausur würdig und würde so lauten: Eine Stadt muss binnen zwei Jahren 120 Millionen Euro aufbringen, um alle Gebäude wie Schulen, Museen oder Bäder zu erhalten, hat dafür aber nur 36 Millionen Euro eingeplant. Kürzen Sie nun aus 270 Millionen Euro, die für alle anderen bis 2019 geplanten Investitionen der Stadt vorgesehen waren, die fehlenden 84 Millionen Euro so heraus, dass auf nichts wirklich verzichtet werden muss. Zeitvorgabe: bis Ende des Jahres. Die Benutzung von Taschenrechnern ist ebenso erlaubt wie hemmungsloses Abgucken beim Nebenmann.

Vor exakt diesem Problem stehen nun die Fraktionen im Stadtrat, nachdem der Stadtkämmerer den Stadtverordneten inzwischen jene 27-seitige Liste mit 162 Einzelpositionen über 270 Millionen Euro vorgelegt hat, aus der die Sanierungskosten für die Gebäude irgendwie herausgeholt werden müssen. Und dieses Muss ist keineswegs rhetorisch zu verstehen. Wie berichtet, müssen Wennmann-Bad, Kunstmuseum, Volkshochschule, Otto-Pankok-Schule, Schulzentrum Saarn sowie die Schulen an der Augusta- und Zastrowstraße nach den Vorgaben von Brandschutz und Trinkwasserverordnung saniert werden. In der Mindestlösung kostet das 90 Millionen Euro, in der sinnhaftesten, also mit Modernisierung, sogar 160 Millionen Euro. So gut wie sicher ist, dass Schulzentrum Saarn und Otto-Pankok-Schule mehr Auffrischung erhalten als nach dem Gesetz erforderlich wäre; nicht in dem Maße, wie es beispielsweise für die flatschneue Ziegler-Schule galt, aber immerhin noch so stark, dass ein Betrag von 120 Millionen Euro aufzuwenden wäre. Vorausgesetzt, alle oben aufgeführten Gebäude blieben erhalten.

In dem Fall also gälte es, 84 Millionen Euro aus einem Volumen von 270 Millionen Euro herauszukürzen. Geht das überhaupt?

Ein Blick in die bislang noch unveröffentlichte Liste lässt nur einen Schluss zu: nein.

So reduziert sich das scheinbar ansehnliche Volumen schnell, denn unter den Einzelpunkten sind etwa auch die Ausgaben für den Neubau der Thyssenbrücke. Das darf man als unverzichtbar ansehen, ebenso wie, beispielsweise, jene rund zwei Millionen Euro, die geparkt sind für neue Einsatzfahrzeuge und Material von Feuerwehr und Katastrophenschutz. Wer will da den Rotstift ansetzen?

Ähnliches gilt für die Modernisierung von Fachräumen in allen Schulen und allen Klassen. Denn: Dafür sind ohnehin schon nur noch für das nächste Jahr 200000 Euro kalkuliert - und danach nichts mehr. Das auch noch zu kappen, wäre geradezu abenteuerlich. Überhaupt gibt es in Schulen eine Vielzahl schon weit nach hinten geschobener Vorhaben, die alle unter den Stichworten „Sanierung“, „Modernisierung“ oder „Anbau“ laufen, etwa für die Schule am Hexbachtal oder die Zunftmeisterstraße. Welcher Stadtverordnete will da rangehen? Zumal das Meiste, was Eltern oder Lehrer in Schulen für unabdingbar halten, mit dem gefühlten St.-Nimmerleins-Datum „2019 ff.“ versehen ist.

Ebenfalls lang ist die Auflistung von Straßenreparaturen mit diesem fernen Datum, darunter so betrüblich holprige wie die Kämpchenstraße. Der Verwirklichung nah - wenn man den Zeitraum bis 2018 so nennen mag - sind zudem eine Vielzahl kleiner und kleinerer Eingriffe in den Asphalt, im jährlichen Volumen von drei Millionen Euro. Einziger größerer, und vom Kämmerer gedanklich bereits gestrichener Posten, ist mit 4,5 Millionen Euro die Tangente Styrum. Wer sich darüber hinaus noch ins Unterholz des Haushaltsdschungels begeben möchte, fände mit den ohnehin schon geringen 150000 Euro pro Jahr für die Ersatzanschaffung von Spielgeräten oder bei der Erneuerung der Straßenbeleuchtung (570000 Euro pro Jahr) oder der Reparatur von Ampeln (210000 Euro im Jahr) Futter.

84 Millionen Euro ergibt das alles nicht. Neue Schulden aufzunehmen ist der Stadt verwehrt. An den Defizitberg bei der MVG (und damit den Wechsel von der Bahn auf den Bus), will die politische Mehrheit erkennbar nicht ran (s. Seite 2). Damit ist klar, wie sich auch schon in den anlaufenden Beratungen der Fraktionen abzeichnet, dass zwei Schritte unumgänglich sein werden - höhere Steuern zum einen und die Aufgabe von Gebäuden. Obenan steht dabei das Gebäude der Volkshochschule, unabhängig von der Frage, ob das Gelände den Zuschlag für eine Sparkassenakademie erhält. Zwischen elf und 16 Millionen Euro ließe sich bei einem Verzicht auf das Gebäude an Sanierungsaufwand einsparen - vorausgesetzt, es fände sich ein anderer zentraler Standort für die VHS und ein Konzept für deren Programm, an dem weder Verwaltung noch Fraktionen rütteln wollen und im Kern auch gar nicht können. Weiterbildung für jedermann ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe.

Welche Fraktionen wo streichen und wie stark Steuern erhöhen wollen und wo sich eine Schnittmenge, die für die Verabschiedung des Haushalts überhaupt reicht, ist völlig offen. Klar aber ist schon, dass die Anstrengungen, der Luisenschule zu einer neuen Dreifachturnhalle und damit dem NRW-Titel Sportschule zu verhelfen, ins Leere laufen könnten. Die 1,2 Millionen Euro an Bau- und 410000 Euro an Unterhaltskosten sind in der Liste noch nicht einmal enthalten.