Mülheim. Hubert Weiler, langjähriger Abteilungsleiter im Mülheimer Umweltamt, verabschiedet sich in den Ruhestand. Um Fällungen wurde teilweise hart gerungen. Schreibtischmensch wollte der 65-Jährige nie sein.
Nach über 36 Jahren im Dienste der Stadt, davon 16 Jahre im Umweltamt, hat Hubert Weiler heute seinen offiziell letzten Arbeitstag. Vielen ist der 65-Jährige als Hüter der Mülheimer Naturdenkmale bekannt und als strenger Prüfer, wenn es um Fällgenehmigungen ging.
Ihr ausdrücklicher Wunsch war, dass dieses Interview erst erscheint, wenn Sie de facto schon im Ruhestand sind. Warum eigentlich?
Hubert Weiler: Ich habe die Erfahrung gemacht: Immer wenn über das Thema Baumschutzsatzung berichtet wurde, kam eine Flut von Fällanträgen auf meinen Tisch. Und davor wollte ich mich, bzw. meine Kollegen, schützen?
Wollen Sie Ihre Kollegen schützen, oder vielmehr die Bäume?
Weiler: Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Tut Ihnen jede Fällung immer noch persönlich weh?
Weiler: Nach wie vor ja. Aber man muss sich den Blick für Notwendiges bewahren. Bäume, die nicht in Ordnung sind, darf man nicht erhalten, nur weil sie so schön grün sind.
Sie haben sich mit Ihren Entscheidungen nicht nur Freunde gemacht.
Weiler: Das trifft zu, aber der Job bringt es mit sich. Man kann nicht jedem Antrag statt geben, nur um Frieden an der Front zu haben.
Können Sie sich an besonders harte Brocken erinnern?
Weiler: Es gab einige, in denen unser fachliches Wissen nicht mehr ausreichte und die Verwaltungsrichter entscheiden mussten. Es gab auch Fälle, wo Dienstaufsichtsbeschwerden kamen oder man beleidigt wurde. Das ist alles aktenkundig. Es bleibt auch nicht aus, wenn man das Grundrecht auf Eigentum beeinträchtigen muss. Ich habe aber immer versucht, die Bürger davon zu überzeugen, dass die Baumschutzsatzung auch Naturschutz bedeutet.
Sind Sie auch schon persönlich bedroht worden?
Weiler: Nein. Prügel hat mir noch niemand angedroht. Da hat mir meine Statur vielleicht geholfen.
... ein Mann wie ein Baum, das haben Sie sicher schon häufig gehört.
Weiler: Stimmt. Manche Kollegen sagen, dass ich mich selber einem Naturdenkmal annähere.
Hätte „Ela“ möglicherweise weniger Sturmschäden angerichtet, wenn mehr Geld vorhanden wäre, um alle Bäume in der Stadt regelmäßig zu pflegen?
Weiler: So weit es in der Obhut meiner Abteilung oder des Grünflächenamtes steht, schließe ich aus, dass es Pflegerückstände gab, die zu Unfallgefahren geführt hätten. Verkehrssicherheit hat oberste Priorität, und dafür ist auch immer Geld da. Das Pfingstunwetter war einfach höhere Gewalt.
Haben Sie mehr Arbeitszeit im Büro verbracht oder draußen vor Ort?
Weiler: Fifty-fifty, würde ich grob sagen. Ich habe mir absichtlich einige Sachbearbeitertätigkeiten erhalten, die ich als Abteilungsleiter auch hätte delegieren können, um den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren. Das war für mich immer Lebensqualität.
Zieht es Sie privat, in Ihrer Freizeit, auch in die Natur?
Weiler: Ja. Wir haben in Saarn einen großen Garten, den ich beackere. Meine Eltern in Bornheim bei Bonn waren Landwirte, Obst- und Gemüsebauern. Ich habe dort mitgearbeitet und sollte den Betrieb später übernehmen.
Warum haben Sie es nicht getan?
Weiler: Er war zu klein zum Leben und zu groß zum Sterben. Ich bin dann nach Essen gezogen, um Landschaftspflege zu studieren. Aber ich habe eine große Affinität zur Landwirtschaft – und das war bei Fachgesprächen mit Bauern immer sehr hilfreich.
Träumen Sie jetzt von einem Alterswohnsitz auf dem Land?
Weiler: Ich habe einen zweiten Wohnsitz: mein ehemaliges Elternhaus. Dort halte ich mich auch häufiger auf.