Mülheim. .

Ernst Gröhlich nutzt den Begleitservice der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, MVG, in der Woche täglich, um von seiner Wohnung mit dem 124er-Bus zum Mittagessen ins Engelbertus-Heim zu fahren. Heute erwartet ihn Markus Ernst an der Haustür und begleitet ihn in aller Ruhe die steile Straße hinunter zum Bus. Er unterstützt ihn aufmerksam bei der Bewältigung von Stolperstellen, steigt mit ihm in den Bus ein, bringt ihn sicher zum Ziel und holt ihn später wieder ab.

Seit einem Jahr nutzt der 82-Jährige den Begleitservice an fünf Tagen in der Woche. Ohne ihn käme er nicht mehr vor die Tür. „Ich bin sturzgefährdet. Wenn es den Service nicht gäbe, müsste ich zu Hause bleiben“, sagt er Senior. „Ich wäre enttäuscht, wenn das aufhören würde, dass ist eine gute Sache“, fügt Gröhlich hinzu.

Auch interessant

Bürgerarbeiter werden aus Bundesfonds bezahlt

Ein Anruf in der Servicezentrale genügt – Voraussetzung ist allerdings, der Kunde oder die Kundin ist mit Kinderwagen, Rollator oder leichtem Faltrollstuhl unterwegs – oder einfach nicht gut zu Fuß. Bürgerarbeiter Markus Ernst macht seine Arbeit sehr gerne, begleitet in sechs Stunden Arbeitszeit Menschen kreuz und quer durch die Stadt. „Wenn es über die Stadt hinaus gehen soll, übernehmen Kollegen der Nachbarstadt den Kunden an der Stadtgrenze“, erklärt Ernst, der umfassend für seine Arbeit geschult wurde und die er natürlich gerne fortführen würde. Seine alten Beruf konnte der Familienvater aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, hofft durch den Bürgerservice auf eine feste Anstellung bei der MVG.

25 „Mobilitätsassistenten“ stehen in Mülheim für diesen Service zur Verfügung, 15 sind sogenannte „Bürgerarbeiter“, werden aus dem gleichnamigen Bundesfonds gezahlt – noch – wie jetzt bekannt wurde, denn das Programm läuft Ende des Jahres aus.

„Den Service in vollem Umfang selber weiter zu führen, kriegen wir ohne Förderung nicht hin“, sagt MVG-Sprecher Olaf Frei deutlich.

Helmut Storm - „Mobilität im Alter wichtig“

„... Mobilität ist ein Thema, das mit zunehmendem Alter immer mehr an Bedeutung gewinnt. ... Im Seniorenbeirat stand das Thema „Mobilität im Alter“ in unterschiedlichem Zusammenhang immer wieder auf der Tagesordnung. Es gibt aber auch ganz aktuelle Aussagen dazu. Im Rahmen der Leitbild-Entwicklung für die Stadt Mülheim an der Ruhr bin ich zusammen mit einem weiteren Paten zuständig für das Teilprojekt 17 „Weiterentwicklung der Seniorenbegegnungsstätten“. Für dieses Projekt haben wir zusammen mit der Projektgruppe Umfragen in den Seniorenbegegnungsstätten gemacht. Und obwohl diese Frage gar nicht in dem Erhebungsbogen enthalten war, wurden wir spontan sowohl von den Leitungskräften als auch von den Besuchern selbst auf das Problem der Erreichbarkeit der Seniorenbegegnungsstätten unter Berücksichtigung der individuellen Mobilität der Besucher angesprochen. Immer wieder wurde dabei der Begleitservice der MVG hingewiesen. Wenn dann auch noch betont wird, wie höflich und freundlich diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, mag das ein verdientes Kompliment für diese sein. Aus dem Blickwinkel des Seniorenbeiratsvorsitzenden sehe ich aber vordergründig die Gefahr, dass unseren älteren Mitmenschen mit Mobilitätseinschränkung ein wichtiges Stück Selbstständigkeit und damit Lebensqualität genommen wird ....

Deshalb fordere ich alle Verantwortlichen in Verwaltung und Politik auf, sich für die Fortsetzung des Förderprogramms beim Bund einzusetzen.“

Neuausrichtung möglich

Die Bereichsleiterin der Sozialagentur, Dr. Jennifer Neubauer, erklärt, dass die Sozialagentur im Herbst Gespräche mit der MVG plane. Neue Förderprogramme des Europäischen Sozialfonds, ESF, würden Mitte September aufgelegt. Es sei jetzt noch nicht klar, ob es eine Fortschreibung oder Neuausrichtung der Fonds gebe.

Der Bund ist Fördergeber, das Unternehmen Antragsteller, die Sozialagentur mit der Zuweisung der „SGB II“-Bezieher (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialgesetzbuch Zweites Buch) mit im Boot. Seit Mai 2010 haben, laut Olaf Frei, den Begleitservice 8400 Menschen genutzt, allein im Jahr 2013 waren es 2400 Kunden.