Mülheim. Uwe Ganz, ein Mülheimer Polizist, leitete in Brasilien die deutsche Polizei-Delegation während der Fußball-Weltmeisterschaft. Was er und seine Kollegen erlebten und wie die Arbeit vor Ort an den Spielorten der deutschen Nationalelf aussah, berichtet er der WAZ.

Mülheim Seit einer Stunde ist das Halbfinale beendet. Aber noch immer stehen rund 6000 deutsche Fans auf den Rängen im Stadion von Belo Horizonte. „Wir woll’n die Mannschaft seh’n“, schallt es im Chor. Uwe Ganz, der Polizist aus Mülheim, weiß, was in diesem Moment zu tun ist: Ab zum DFB, mal fragen, ob nicht noch mal einige Spieler geschickt werden können. Kroos, Klose, Weidenfeller kommen. Noch einer eilt zur Kurve: Kevin Großkreutz. Er stimmte an: Humba, humba, humba, tä-tä-räää – Tausende steigen ein. Ein irrer Moment.

Uwe Ganz, Leiter der deutschen Polizei-Delegation in Brasilien während der WM, ist wieder da. Sein Einsatz in Brasilien ist mit dem Sieg der deutschen Mannschaft beendet. Was der Beamte im Land von Samba, Caipirinha und Fußball erlebt hat, erzählt er der WAZ. Uwe Ganz wirkt gelassen und sehr zufrieden mit dem Einsatz der deutschen Delegation.

Es war eine aufregende Zeit, nicht nur für die Spieler

„Wir hatten eine aufregende Zeit und haben die Arbeit der deutschen Polizei sehr gut darstellen können“, erzählt er. Die Aufgabe der Polizisten war es zum Beispiel, im Stadion den Lautsprecher-Text für die deutschen Fans zu verfassen. Die sollten nämlich nach Abpfiff noch eine Weile in ihrem Block warten, bis sich das Stadion geleert hatte. Den Aufruf „Bitte bleiben Sie noch eine Stunde in Ihrem Block“ kennen viele Fußballfans.

Wer aber glaube, dass die Delegation sechs Wochen Urlaub in Brasilien gemacht hat, der täusche sich. Zwölf Inlandsflüge waren’s für Uwe Ganz und seine Kollegen. Am Tag vor den Deutschlandspielen reisten die Beamten am Spielort an und hatten dort zunächst eine Sicherheitsbesprechung und eine Ortserkundung. Am Spieltag, ging der Einsatz morgens um 9 Uhr los und dauerte ­meistens bis 21 Uhr. Auch als Fußballfan galt für Ganz: Während des Spiels – Augen immer auf die Fanblöcke richten, Probleme frühzeitig erkennen. „Da bekamen wir nur den Jubel mit“ so der Polizist. Und nach den Spielen traf man sich zur Abschlussbesprechung.

Keine Unruhen auf den Straßen 

Uwe Ganz erzählt, dass er und seine Kollegen keine großen Unruhen auf den Straßen erlebt hätten. Einen kleinen Zwischenfall mit einem versuchten Diebstahl hätten sie allerdings mitbekommen. Opfer: ein israelischer Tourist. Eine drogenabhängige Frau hatte ihn versucht zu beklauen. Versucht. Jetzt hatte der Tourist sie am Schlafittchen, die Beamten hatten leichtes Spiel.

Brasilien ist für Ganz ein sehr gut entwickeltes Land mit modernen Städten. Trotzdem habe man meistens gar nicht erkannt, dass Fußball-WM sei. Die Brasilianer hätten kein Flaggenmeer an Autos oder Häusern. Sie schauten in der Familie, zu Hause. Die Fußballfanfeste wären daher sehr touristisch angelegt gewesen, an den Stränden mit großen Leinwänden, so Ganz.

Seinen ersten Arbeitstag daheim begann er in Zivil. Seine Uniform lag noch im Koffer, bei einer Zwischenlandung in Paris nicht umgeladen – vielleicht eine französische Revanche für die Niederlage im Viertelfinale. . .?

Deutsche Fans verhielten sich vorbildlich

Uwe Ganz freut sich. Die deutschen Fans hätten sich vorbildlich verhalten. Fröhlich, friedlich, „feierorientiert“, wie der Polizist es ausdrückt. Nach dem unglaublichen 7:1-Sieg gegen die Mannschaft des Gastgeberlandes seien alle sehr fair geblieben. Keine Spur von Spott, Häme oder Überheblichkeit. Die Brasilianer hätten sogar die Tore der Deutschen beklatscht.

Dort, wo die deutsche Polizei-Delegation auftauchte, sprachen Fans sie an. Manche kannten ihn gar aus den Vorberichten der WAZ, andere wollten ihn einfach begrüßen, weil sie die Uniform erkannten. „Oft mussten wir auch einfach als Fotomodell herhalten“, erzählt der Beamte und lacht. Doch das taten sie gerne, denn die Einsätze stärkten das Fanmiteinander und die gute Stimmung. Eine teambildende Maßnahme sozusagen.

Fan-Rituale vor den Spielen

„Als wir in Porto Alegre ankamen, wurden wir von Deutschen angesprochen, die mir tatsächlich Grüße von einem Mülheimer ausrichten sollten, den sie in Brasilien getroffen hatten. Ein paar Tage später habe ich den Mann dann selbst kennen gelernt. Er kommt von der Heimaterde und hat mich direkt begrüßt“, erzählt Ganz. Es war Gerd Schneegaß.

Ein junges Pärchen aus Süddeutschland sprach die Polizei-Delegation direkt am ersten Spieltag an. Sie reisten der Mannschaft durchs ganz Land hinterher. „Da wurde es zum Ritual, dass sich das Paar auch mit uns Polizisten immer wieder traf und wir uns Glück für das nächste Spiel wünschten“, so Ganz. Das hat doch geholfen. Zurück kamen die Deutschen als Weltmeister!