Mülheim. . Die Mülheimer Kommunalwahl 2014 ist ausgezählt. Wir haben noch mal genauer in die Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke reingeschaut. Wo haben die Parteien und Bündnisse ihre Hochburgen, wo sind ihre Tiefpunkte? Eine Analyse.
Die Mülheimer Kommunalwahl 2014 ist ausgezählt. Wir haben noch mal genauer in die Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke reingeschaut. Wo haben die Parteien und Bündnisse ihre Hochburgen, wo sind ihre Tierfpunkte? Eine Analyse.
Stadtweit hat die SPD noch mal 2,8 Prozentpunkte gegenüber 2009 verloren, nur noch 31,5 % sind Nachkriegs-Tiefpunkt. Die SPD-Hochburg bleibt Dümpten-Süd. Hier holte Dieter Spliethoff 43,5 %. Nur in weiteren drei Bezirken kam die SPD noch über 40 % – in Styrum-Süd, Dümpten-Nordwest und Heißen-Mitte. 17 von 27 Direktmandaten gingen an die SPD. Drei gingen verloren: in Broich-Süd, Holthausen-Nord und Saarn-Zentrum.
Am schlechtesten schnitt die SPD abermals in Holthausen-Süd ab (18,1 %), gefolgt von Speldorf-Süd (22,8 %). Den höchsten Verlust gab’s für die Genossen im Bezirk Stadtmitte-Ost (-6,7 Prozentpunkte auf 33,2 %). Alexander Böhm holte trotzdem das Direktmandat. Auch Fraktionschef Dieter Wiechering verlor in Broich-Nord kräftig: -5,2 Prozentpunkte (33,6 %).
CDU luchst der SPD drei Direktmandate ab
Die CDU legte 2 Prozentpunkte auf 27,2 % zu, nach dem historischen Tief in 2009 zumindest eine leichte Erholung. Einen Spitzenwert erreichte die Union bei ihren direkt gewählten Ratsmitgliedern: Zehn Direktmandate gab’s noch nie für die Partei. Drei luchste sie der SPD ab: in Broich-Süd (Heiko Hendriks), Holthausen-Nord (Heinz Borchardt) und Saarn-Zentrum (Fraktionschef Wolfgang Michels).
Die Hochburg der CDU steht in Speldorf-Süd. Christina Kaldenhoff gewann hier mit 38,5 %. In der SPD-Hochburg Dümpten-Süd schnitt die Union am schlechtesten ab (18,4 %). Die höchsten Zugewinne konnten die „Schwarzen“ ganz im Süden (Saarn-Süd, Selbeck, Mintard) verbuchen. Um 5,2 Prozentpunkte ging es hier mit Direktkandidatin Ramona Baßfeld noch oben: auf 36,8 %.
Die Grünen lösen die MBI als drittstärkste Kraft im Rat ab
Ein leichtes Prozent-Plus um 0,3 Punkte auf 11 % hat den Grünen am Sonntag gereicht, um sich an MBI und FDP vorbei als drittstärkste Fraktion im neuen Rat präsentieren zu können. Die Mandatszahl der Grünen bleibt dabei bei sechs.
Für die Grünen bleibt die Hochburg der Wahlbezirk am Kahlenberg – nach 14,1 % im Jahr 2009 holten sie mit ihrer Direktkandidatin Eva Weber nun 14,7 %. Weitere Hochburgen der Grünen sind Holthausen-Süd (13,8 %) und Saarn-Zentrum (13,3 %). In nur noch acht statt bisher zehn Wahlbezirken fuhren die Grünen ein nur einstelliges Prozent-Ergebnis ein. Traditionell weniger zu holen ist für das Bündnis im Norden der Stadt – dort, wo die SPD immer noch ihre Stärken hat. So schnitten die Grünen am schlechtesten in Styrum-Nord und Styrum-Süd (beide 5,9 %) ab.
Erster kleiner Dämpfer für die MBI – aber weiter zweistellig
Seit ihrem Debüt 1999 ging es für die Mülheimer Bürgerinitiativen stets bergauf. Nun gab es einen ersten kleinen Dämpfer. Die MBI verloren im Fünf-Jahres-Vergleich 1,5 Prozentpunkte. Das Wahlergebnis blieb dennoch zweistellig: 10,1 %. In nur noch 15 der 27 Mülheimer Wahlbezirke holten die Bürgerinitiativen dieses zweistellige Ergebnis (2009: 22 Bezirke).
Am stärksten waren die MBI diesmal in Speldorf Nordost, zwischen Weseler Straße (Fallwerk!) und Depot in Speldorf (14,2 %). In der alten MBI-Hochburg Heißen-Süd/Heimaterde gab es ein Minus von satten 6,8 Prozentpunkten auf 11,8 %. Die MBI verloren kräftig auch in Dümpten-Nordost (-4,7 Prozentpunkte) und Eppinghofen-Nordwest (-4,1). Größtes Plus: 1,6 Punkte in Saarn-Zentrum. Ganz im Süden haben die MBI am wenigsten Wähler: 5,4 % in Saarn-Süd/Selbeck/Mintard.
FDP schnitt nur 1984 und 1994 schlechter als diesmal ab
Die FDP stürzte von „Himmelhochjauzend“ (11,2 % in 2009) auf weniger als das halbe Maß: Nur noch 5,3 % der Wähler gaben den Liberalen ihre Stimme. Schlechtere Ergebnisse gab es nur 1994 (3,7 %) und 1984 (4,7 %). Ein zweistelliges Ergebnis fuhr die FDP am Sonntag in keinem einzigen der 27 Wahlbezirke mehr ein. Die besten Ergebnisse gab es noch in Stadtmitte-Zentrum, am Kahlenberg (je 8,7 %) und in Holhausen-Süd (8,9 %).
Im Stadtrat ist die FDP nun auf Augenhöhe mit den Newcomern der AfD. Sie kann nur noch mit drei Ratsmandaten operieren. Vor allem links der Ruhr verlor die FDP kräftig Wähler. Mehr als acht Prozentpunkte weniger gab es in Speldorf-Nordwest und Speldorf-Süd, in Saarn-Zentrum und auf der Saarner Kuppe. Das mieseste Ergebnis: 1,9 % in der SPD-Hochburg Dümpten-Süd.
AfD als Schreck der Etablierten nun als Fraktion im Stadtrat
Von Null auf 5,2 Prozent: Die Alternative für Deutschland (AfD) hat, allerdings nicht sonderlich überraschend, mit ihrem ersten Antreten den Durchmarsch ins Stadtparlament geschafft – und das gar in Fraktionsstärke. Die junge Partei, die bislang vor allem als Sammelbecken für rechtskonservative Europakritiker Aufsehen erregt hat, will nun in der Kommunalpolitik Fuß fassen.
Die Ergebnisse der AfD in den 27 Wahlbezirken schwankt zwischen 7,0 % in Dümpten-Nordost (rund um die Oberheidstraße) und 3,6 % am Kahlenberg. Vor allem im Norden der Stadt hat die Partei ihre besten Ergebnisse jenseits der 6 % erreicht. Doch auch auf der Saarner Kuppe waren es 6,4 %. Unter 4 % bleib die AfD nicht nur am Kahlenberg, sondern auch in Saarn-Zentrum und Speldorf-Süd – allesamt Bezirke in CDU-Hand.
Linke verfehlt das dritte Mandat
Nach den innerparteilichen Raufereien der Vergangenheit mit Verlust des Fraktionsstatus’ im Rat haben sich die Linken offenbar konsolidiert. Auch wenn sie nur leicht um 0,3 Punkte auf 4,1 % verloren haben, werden sie mit zwei Sitzen allerdings nicht wieder eine Fraktion stellen können. Die Linken sind wenig überraschend dort besonders stark, wo auch die SPD traditionell viele Wähler hat. Das beste Ergebnis erzielte die Partei mit 7,9 % in Eppinghofen-Nordwest (zwischen Friedrich-Wilhelms-Hütte und Mellinghofer/Eppinghofer Straße). In Saarn-Siedlungen und auf der Saarner Kuppe kamen hingegen nur 1,8 % heraus.
Piraten erbeuten einen Sitz
1,7 % und ein Sitz im Stadtrat – mehr, aber auch nicht weniger Beute fuhren Mülheims Piraten bei der Wahl ein. Ein wahrlich herausstechendes Ergebnis in einem der 27 Kommunalwahlbezirke hatten die Piraten nicht. Mit 2,45 % erzielten sie ihr stärkstes Ergebnis im Bezirk Stadtmitte-Zentrum, rund um das Hafenbecken fischten sie 46 Stimmten, das ergab vor Ort einen Stimmenanteil von 2,5 %. Zweitbestes Ergebnis: 2,4 % in Heißen-Ost. Insgesamt kamen die Piraten auf 1141 Stimmen im Stadtgebiet. Am wenigsten Zuspruch erhielten sie in Holthausen-Süd (0,9 %) und im Bezirk Saarn-Siedlungen (1,0 %).
WIR AUS Mülheim verteidigt Mandat
Ein Sitz im Stadtrat war es 2009, ein Sitz ist es 2014: Trotz der Abspaltung der Schweizerhof-Gruppe („Mülheim steht AUF“) hat es das Wählerbündnis WIR AUS Mülheim wieder ins Kommunalparlament geschafft. Allerdings halbierte sich der Stimmenanteil nahezu: Aus 2,6 % in 2009 wurden 1,4 % bei der Wahl am Sonntag. Insbesondere gab’s Einbußen in Mellinghofen und Dümpten-Süd, wo das Bündnis 2009 noch 7,2 bzw. 8,1 % holte. Dümpten-Süd blieb dennoch „Hochburg“ für WIR AUS Mülheim. Es reichte dort aber nur noch zu 3,4 %. In Mellinghofen waren es gar nur noch 2,0 %.
Bündnis für Bildung mit einer glatten 1,0
Das Bündnis für Bildung, hervorgegangen aus dem Bürgerentscheid zum Schulstandort Bruchstraße in Eppinghofen, hat eine glatte 1,0 (Prozent) bei den Wahlen gemacht. Bildungsschüler wären hochzufrieden, das Bildungsbündnis zeigte sich enttäuscht. Es hatte sich deutlich mehr Zuspruch erhofft, Fraktionsstärke wollte es erreichen. Jetzt ist ein Mandat herausgesprungen. Im Wahlbezirk Eppinghofen-Ost (inklusive Bruchstraße) langte es nur zu schlappen 2,2 % – das entspricht gerade einmal 44 Stimmen. Sein bestes Ergebnis erzielte das Bündnis im Nachbarbezirk Eppinghofen-Nordwest (3,3 %). Je weiter weg, desto schlechter die Ergebnisse.
„Mülheim steht AUF“ schafft Neustart nicht
Das Bündnis „Mülheim steht AUF“ um Sabine Schweizerhof geht leer aus. Nach der Abspaltung vom Bündnis „WIR AUS Mülheim“, das ihr Mann Gerhard mitbegründet hat und dessen Kopf er war, gelang es der neuen Gruppe offensichtlich nicht, ausreichend Wähler für sich und einen Einzug in den Rat anzusprechen. 0,8 % als Ergebnis bleiben unter dem, was das Konkurrenz-Bündnis „WIR AUS Mülheim“ im Vergleich zu 2009 verloren hat. Den stärksten Wahlbezirk haben Schweizerhof & Co. aber rübergerettet. Es ist der Bezirk Dümpten-Süd (4,4 %), in dem Gerhard Schweizerhof vor seinem Tod als Arzt wirkte.
Bündnis für Bürger ohne Chance
Das ebenfalls taufrische Bündnis für Bürger, wie das Bündnis für Bildung aus der Eppinghofer Schuldebatte erwachsen, hat den Sprung in den Stadtrat verpasst. Der Kopf des Bündnisses, Achim Fänger, war schon für die Grünen, die Linke und nun für das Bündnis für Bürger politisch aktiv, er wird nicht mehr im Stadtrat wiederzufinden sein. 0,6 % bei der Wahl am Sonntag reichten nicht. Nur im Wahlbezirk Eppinghofen-Nordwest kam das BfB über die Zwei-Prozent-Marke, 2,2 % waren es. Stimmen gab es zwar in jedem Bezirk, in der Summe aber deutlich zu wenige für ein Ratsmandat.