Mülheim. Die Umsetzung des Mülheimer Nahverkehrsplans braucht noch länger Zeit, sagt MVG-Geschäftsführer Klaus-Peter Wandelenus. Im Sommer werden noch keine neuen Buslinien anrollen. Vielmehr ist die Frage: Ist nach der Wahl eine neue Kostendebatte unausweichlich?

Die politischen Beschlüsse im Nahverkehrsplan, den der Stadtrat im Dezember verabschiedet hat, werden beim Fahrplanwechsel der MVG im Sommer noch nicht umgesetzt. Mindestens ein weiteres Jahr wird ins Land ziehen, bevor das neue Busangebot auf die Strecke geht. Oder kommt die große gemeinsame Umstellung von Bus und Bahn gar erst 2017?

Nichts Genaues weiß man derzeit. Erst hatte die Fachverwaltung einige Mühe, nach turbulenter Ratssitzung im Dezember mit Änderungsbeschlüssen hier und da überhaupt zu Papier zu bringen, was da nun als neues Bus- und Bahn-Angebot beschlossen worden war. Nun sind Stadt und MVG in einem Arbeitskreis dabei, die Weichen für die Umstellung zu stellen. Bis zu den Sommerferien, hofft MVG-Geschäftsführer Klaus-Peter Wandelenus, sollen alle Details geklärt sein.

„Leider vergessen die meisten, dass für eine Umstellung eine Vorbereitungszeit nötig ist“, so Wandelenus. „Es müssen jetzt dringend noch ein paar Dinge geklärt werden, damit wir weiterkommen.“ Wandelenus sieht für die Stadtverwaltung und für seine MVG noch ein strammes Arbeitsprogramm bis zum Sommer.

Mehrkosten für frühzeitige Bus-Umstellung noch nicht ermittelt

Dabei ist klar: Selbst wenn die Änderungen im Busangebot erst im Sommer 2015 kommen, wird die Umsetzung des neuen Nahverkehrsplans zunächst teurer werden. Die großen Einsparungen, die am Ende das millionenschwer strapazierte MVG-Budget jährlich um 2 Mio. Euro entlasten sollen, hängen an den geplanten Taktreduzierungen bei den Straßenbahnen. Diese wird es aber frühestens 2017 geben, wenn die 15 bestellten, größeren Straßenbahnen auf Fahrt gehen können. In der zweijährigen Zwischenzeit müsste die MVG gut 270.000 zusätzliche Buskilometer finanzieren, ohne dass schon Einsparungen im Straßenbahn-Betrieb erzielt würden. Es dürfte um eine Millionensumme gehen, die noch auf das ohnehin exorbitante Betriebsdefizit von jährlich gut 30 Mio. Euro draufzusatteln wäre.

MVG will mit Hilfe aus Essen Kosten senken

Die MVG hofft, ab Herbst peu à peu die Instandhaltungs- und Wartungskosten für ihre in großen Teilen überalterten Straßenbahnen senken zu können.

Möglich werden soll dies durch eine Lösung im Via-Verbund mit der Essener Evag. Die erwartet ab Oktober die Lieferung neuer Straßenbahnen durch Bombardier. Die MVG könnte dann aussortierte Essener Bahnen anmieten und eigene, wesentlich störanfälligere Bahnen aussortieren, kündigt MVG-Chef Klaus-Peter Wandelenus an. In die eigenen maroden Bahnen wolle die MVG nur noch möglichst wenig Geld reinstecken.

Falls der Politik dies noch nicht bewusst gewesen sein sollte, dürfte dies nach den Kommunalwahlen sicher noch einmal zu Debatten führen. MVG-Geschäftsführer Wandelenus mag derzeit keine Summen nennen, die eine vorgelagerte Umstellung im Busbereich zusätzlich kosten würden. Das könne man erst errechnen, wenn alle Details zum neuen Angebot geklärt seien. Er sagt aber auch: „Natürlich würde es Mehrkosten verursachen, die eigentlich niemand will. Man wird Gegenmaßnahmen finden müssen.“ Eine Gegenmaßnahme könnte lauten, das neue Busangebot erst 2017 zu machen, wenn gleichzeitig die Kürzungen bei der Straßenbahn greifen.

Beispiele, warum die Umsetzung des Nahverkehrsplanes noch Zeit braucht 

Mülheims neuer Nahverkehrsplan, der das Bus- und Bahnangebot taktgenau festlegt, wird frühestens nach den Sommerferien 2015 umgesetzt. Zu viele Vorbereitungen sind dafür noch zu treffen. Ein Blick in das Hausaufgabenbuch von Stadt und MVG.

Ein Beispiel: die Einrichtung einer neuen Buslinie 130, die nicht nur den Flughafen-Ast der Straßenbahn 104 dauerhaft ersetzen, sondern von Raadt aus weitergeführt werden soll über Haarzopf zum Rhein-Ruhr-Zentrum. Das macht Abstimmungen mit und Beschlüsse in der Stadt Essen nötig, mit dem Landesbaubetrieb Straßen.NRW ist zu klären, wo entlang der Landstraße zwischen Hauptfriedhof und Raadt neue Bushaltestellen gebaut werden können. Barrierefrei müssen die sein, die Stadt muss Geld dafür bereitstellen. Erst Dienstag hat MVG-Chef Klaus-Peter Wandelenus den Konzessionsantrag für die neue Buslinie unterschrieben. Die Bezirksregierung muss ihn abnicken. Die hat aber weiter nicht die Stilllegung der Straßenbahn-Strecke zum Flughafen genehmigt. Vor August, September 2015 wird kein Bus über den Flughafen hinaus gen Haarzopf und RRZ rollen. Denn erst dann plant die Stadt Essen mit der Linie...

Linie 110 in Styrum ersetzen

Die Liste mit unerledigten Hausaufgaben ist vier Blatt Papier lang. Da geht es um Wendeschleifen am Waldschlösschen in Broich (neuer Endhaltepunkt Linie 102) und am Kaiserplatz (müsste kostspielig erneuert werden, wenn sie weiter von der Linie 104 beansprucht wird). Der barrierefreie Umbau von Haltepunkten ist zu planen, zuletzt gab es dazu Ortsbegehungen in Saarn.

Noch eine Großbaustelle: In Styrum ist ein Busangebot als Ersatz für die Straßenbahnlinie 110 zu kreieren. Verhandlungen mit der Stoag und der Stadt Oberhausen über eine Verlängerung der Linie 128 laufen noch. Wer trägt zu welchen Anteilen die Kosten? Wie können die unterschiedlichen Taktzeiten in den Städten an dieser Stelle übereingebracht werden? Wer fährt die neue Linie, wenn sie denn kommt: die Stoag, MVG und Stoag gemeinsam oder gar ein Drittunternehmen?