München/Mülheim. . Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser skizzierte am Mittwoch die Zukunft für den Technologie-Konzern Siemens. Zur Sparte der konventionellen Kraftwerkstechnik äußerte er sich dabei nur sparsam. So blieben für das Mülheimer Werk mit 4800 Mitarbeitern viele Fragen offen.

Mit der Verkündung der neuen, auf sechs Jahre angelegten Konzern-Strategie hat Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser am Mittwoch noch nicht die Fragen beantwortet, die sich die rund 4800 Mitarbeiter am Standort Mülheim auch angesichts des derzeit schwächelndes Marktes im konventionellen Kraftwerksbau stellen. Welche Rolle Mülheim als aktuell größter Siemens-Standort in NRW künftig spielen wird, ist noch unklar.

In fast dreistündiger Pressekonferenz hat Kaeser skizziert, wohin die Reise des Technologie-Konzerns gehen soll. Dabei unterließ er es, das Zukunftskonzept historisch einzuordnen – ob nun als Restrukturierung, Einschnitt, Evolution oder gar Revolution. Klar ist: Siemens will nun, wie von Betriebsräten eindringlich gefordert, weniger auf kurzfristige Margen zielen und den Fokus wieder mehr auf Zukunftsmärkte richten. Eine komplette Hierarchieebene (die Sektoren) soll abgeschafft werden, die einzelnen, neu zusammengesetzten Divisionen eigenverantwortlicher und innovationsfreudiger agieren können.

Neue Division „Power & Gas“

Der Standort Mülheim, an dem Generatoren und Dampfturbinen der höheren Leistungsklassen entwickelt und gefertigt werden sowie das Dampfturbinen-Engineering sein Zuhause hat, wird künftig der Division „Power & Gas“ zugeordnet sein. Den zuständigen Vorstandssitz verlegt Siemens von Erlangen in die USA, denn dort will der Konzern die Marktchancen ergreifen, die er in Nordamerika in der unkonventionellen Öl- und Gasförderung sieht.

Übernahme-Poker um Alstom

Der Übernahme-Poker um den französischen Alstom-Konzern wird in Mülheim mit Spannung beobachtet. Vier Wochen hat Siemens laut Kaeser Zeit, um dem französischen Mitbewerber ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Bisher hat schon General Electric (USA) ein Angebot gemacht.

Sollte Siemens Teile von Alstom schlucken, insbesondere die Kraftwerkssparte, gäbe es nicht unbeträchtliche Überschneidungen mit dem, was der Standort Mülheim aktuell zu bieten hat. Siemens-Chef Kaeser: „Wir werden ganz unaufgeregt entscheiden.“

Auf das Geschäft im konventionellen Kraftwerksbau, das am Standort Mülheim betrieben wird, ging Kaeser wenig ein. Betriebsratsvorsitzender Pietro Bazzoli sagte dieser Zeitung, dass nun noch zahlreiche, auch standortspezifische Fragen zu klären seien. Die wesentliche: Wenn Siemens, wie verkündet, künftig stärker in das Geschäft der dezentralen Energieversorgung einsteigen will, welche Stellung hat dann noch der konventionelle Kraftwerksbau? Was wird aus der bislang exponierten Stellung des hiesigen Standortes? „Wir werden eine Deutschland-Strategie für die Standorte hier fordern“, so Bazzoli.

Ziel: Ergebnismarge von 11 bis 15 Prozent

Als Ergebnismarge für die Jahre 2014 bis 2020 gibt Siemens der Division „Power & Gas“ 11 bis 15 % vor, das liegt im Rahmen des Bisherigen. Die Produktivität soll um jährlich 3 bis 5 % gesteigert werden. Bazzoli fordert, die Gewinne daraus in Forschung und Entwicklung zu investieren. Er rechnet aber auch damit, dass der Abbau einer Hierarchiestufe auch in Mülheim Arbeitsplätze kosten wird. Dazu liege „aber noch nichts auf dem Tisch“.