Die einen sagen, das Unternehmen sei ein Fass ohne Boden. Die anderen sagen, es sei unmöglich, den öffentlichen Personennahverkehr kostendeckend zu organisieren. Und was sagen die Mülheimer Bürger? Es darf ruhig noch etwas mehr kosten - wenn es gut ist. Das ergab das NRZ-Bürgernarometer.
Die einen nennen die Mülheimer Verkehrsbetriebe ein Fass ohne Boden, denn sie macht ein jährliches Defizit von fast 30 Millionen Euro, das von der Stadt gedeckt wird. Der mittelfristigen Finanzplanung der MVG nach zu urteilen, ändert sich daran auch bis 2017 nichts. Die anderen sagen, dass man den öffentlichen Personennahverkehr gar nicht kostendeckend organisieren kann und verweisen auf die sozialen und ökologischen Notwendigkeiten. Und was sagen, nach zwei Jahren hitzigster Debatte, die Bürger zu der Frage?
Sie sagen zu 49 Prozent: Ich bin bereit, den öffentlichen Nahverkehr noch stärker zu subventionieren. Immerhin 34 Prozent sind aber strikt dagegen. Das ergab eine repräsentattive Meinungsumfrage, die die NRZ als „Bürgerbarometer“ in Auftrag gegebn hat.
Die Bürgermeinung stößt auf eine starre Debatte in der Politik zwischen Befürwortern und Gegenern eines kostspieligen ÖPNV. Den Befürwortern werden stets die geringen Auslastungszahlen und die geringeren Subventionszahlungen in anderen Städten vorgehalten. Die Sparer, etwa die FDP, stellen dann die Systemfrage, denn Busse sind günstiger als Straßenbahnen, für die neben den teuren Wagen auch noch die Infrastruktur instand gesetzt werden muss. Man könne nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, halten die Ökos dagegen.
Andere Städte, andere Bedingungen
In anderen Städten seien die Rahmenbedingungen auch andere, so dass dabei andere Kosten herauskämen. Auch das Ratshearing im Herbst, wo sich die Frontverläufe glichen, änderte daran nichts.
Die Umsatzerlöse betragen 54 Millionen Euro. Der Gesamtaufwand der MVG beträgt also 82 Millionen. Davon entfallen 27,4 Millionen auf Personalkosten, 42,4 Prozent auf betrieblichen Aufwand und 12,2 auf Finanzierungskosten.
Zauberwort „Liniennetzoptimierung“
Zwei Millionen Einsparungen sollte der Gutachter ermitteln, was unter dem Zauberwort „Liniennetzoptimierung“ lief und die Streckenführung einiger Linien und Haltepunkte zur Disposition stellte. Vor allem sollten Parallelverkehre vermieden werden. Im Dezember hatte die MVG nach einer ersten Bestellung von fünf Straßenbahnen weitere zehn baugleiche Bahnen bei Bombardier in Bautzen bestellt, die ab 2015 sukzessive ausgeliefert werden sollen.
Den selben Typ hat das Essener Schwesterunternehmen Evag bestellt. Ursprünglich hatte MVG-Geschäftsführer Klaus-Peter Wandelenus 20 neue Bahnen gefordert, um den gesamten Bestand der maroden und wartungsintensiven Bahnen auszutauschen. Zu teuer seien die Reparaturen für die oft über 30 Jahre alten Bahnen.
Bereits 11 Millionen strukturell eingespart
Bis 2017 stehen neben den 69,6 Millionen Euro, die in die Erneuerung des Fuhrparks investiert werden sollen, unter anderem 47,1 Millionen für die Sanierung des Gleisnetzes und der Oberleitungen sowie 9,6 Millionen in die Erneurungen von Aufzügen und Haltestellen. Die Gesamtsumme beträgt 153,2 Millionen. Von dieser Summe trägt das Land 35,7 Millionen.
Wandelenus betont immer wieder, dass seit 2006 in der Kostenstruktur durch die Kooperation mit den Verkehrbetrieben in Essen und Duisburg (Via) bereits 11 Millionen strukturell eingespart wurden. Darin seien 150 Stellen enthalten, die ganz überwiegend den Bereichen Werkstätten, Infrastruktur und Verwaltung zu zuzuordnen seien. Von einem Wasserkopf könne keine Rede sein. Und nach 2017 stehen weitere große Investitionen an, etwa die Sanierung der U18 nach Essen.
Zusammen haben die im Via-Verbund tätigen Betriebe 3400 Mitarbeiter, transportieren täglich rund 583 000 Fahrgäste und versorgen ein Gebiet mit 1,25 Millionen Einwohner.