Mülheim. .
Der Mittwoch, 30. Mai, ist der „Tag gegen Lärm“. Mülheim kann ganz schön laut sein, und das nicht nur entlang der 523 Kilometer Straßen, wo sich der Lärm bis in die oberen Etagen erstreckt – wie an der Aktienstraße.
Zwischen Muhrenkamp und Adolfstraße ist gar von „frenetischem Lärm“ die Rede, von „nervtötenden Geräuschen sprechen Bewohner, die am Übergang Schloßbrücke zur Leineweber leben. 70 Dezibel am Tag und 60 in der Nacht werden an zahlreichen Stellen überschritten, wie die Stadt in ihrem Lärmaktionsplan ermittelt hat. „Lärmbekämpfung“, sagt der Vorsitzende des Umweltausschusses, Hubert Niehoff, „wird eine der großen Aufgaben der nächsten Ratsperiode sein.“
25 Lärmbrennpunkte im Straßenverkehr hat die Stadt ermittelt – von der A40 im Norden bis zur Kölner Straße im Süden. Die EU hat die Städte verpflichtet, sukzessive die Lärmpegel zu reduzieren. In Mülheim eine schwierige Aufgabe. Viele der 167.000 Einwohner belastet nicht nur der Lärm auf den Straßen, sondern auch der auf den Schienen. Weitere acht Lärmschwerpunkte verursacht die Straßenbahn. Anwohner wie etwa an der Kaiserstraße müssen gleich beides aushalten. Kopfsteinpflaster erhöht die Belastung um ein Weiteres. Und dann sind da noch die Lkw im Stadtgebiet, deren Ladung erschüttert, wenn sie über löchrige Straßen und wacklige Gullydeckel brettern.
Lärmminderung auf der Schiene
Zumindest gegen die Lärmminderung auf der Schiene, speziell in Kurven, setzt die MVG recht erfolgreich, wie ihr Sprecher Nils Hoffmann sagt, auf die Veredelung der Schienen mit einer Graphitpaste. Sie wird automatisch immer dann, wenn erforderlich, vom Fahrzeug in die Schiene gepumpt, um den Reibwert zu mindern.
Für das Tiefbauamt der Stadt ist klar, Lärm kann effektiv gemindert werden. Niehoff bescheinigt der Stadt auch, die Problemzonen gut erfasst und entsprechende Vorschläge zur Bekämpfung des Lärm geliefert zu haben. „Letztlich ist es eine Haushaltsfrage.“ Wie so oft. Allein, um lärmoptimierte Asphalte einzusetzen und laute gepflasterte Gleisbereiche zu ersetzen, wären Baukosten von etwa 13,5 Mio. Euro erforderlich. Ein derartiges Lärmsanierungsprogramm liege außerhalb der finanziellen Möglichkeiten der Stadt, heißt es, auch mit Verweis auf die ohnehin noch ausstehenden Straßensanierungen in Höhe von fast 40 Mio. Euro.
Lärmsanierung per Flüsterasphalt
Die Strategie der Stadt lautet daher: Lärmsanierung, wozu der Flüsterasphalt gehört, erfolge mittelfristig dort, wo ohnehin saniert werden müsse, so der Leiter des Tiefbauamtes, Dieter Kerlisch. Er weist aber auch darauf hin, dass an etlichen Straßen bereits Teile mit Flüsterasphalt versehen wurden, so etwa an der Saarner Straße, Moritzstraße oder am Steinkamp. Weniger Lärm durch mehr Tempo 30-Zonen – auch das wird geprüft.
Die meisten Klagen betreffen jedoch den Fluglärm. „Ich habe den Eindruck“, sagt der Sprecher des Netzwerkes gegen Fluglärm, Waldemar Nowack, „dass Mülheim in den letzten Jahren immer lauter geworden ist.“
Ständige Störung aus der Luft
Start Düsseldorf, Abflugroute über Mülheim – bis zu 90.000 Flugzeuge überqueren im Jahr das Stadtgebiet, es könnten mehr werden, wenn die Kapazitätsausweitung pro Stunde auf 60 Flugbewegungen erfolgen sollte. Hinzu kommen, so das Netzwerk gegen Fluglärm, bis zu 48.000 Flugbewegungen im Jahr vom Flugplatz Mülheim aus, darunter Tausende Hubschrauberflüge.
Mails wie diese erreichen das Netzwerk jede Woche: „Wir wohnen seit 30 Jahren in Mintard. Der Fluglärm hat in den letzten Jahren extrem zugenommen. Wie viel ist der Stadt die Gesundheit ihrer Bürger wert? Durch höhere Lärmbelästigung nimmt die Wohnqualität immer mehr ab.“ Oder: „Der Fluglärm ist unerträglich. Unsere einjährige Tochter kann seit der Geburt nicht ruhig schlafen.“
Seit rund einem Jahr habe der Fluglärm, verursacht durch den Flughafen Düsseldorf, im Süden und anderen Stadtteilen der Stadt Mülheim deutlich zugenommen, so Netzwerksprecher Waldemar Nowack. Noch mehr Starts in Düsseldorf würden aus seiner Sicht die Lebensqualität in Mülheim weiter verschlechtern. „Aus ökologischer und ökonomischer Sicht betrachten wir die Entwicklung mit großer Besorgnis.“ Das Netzwerk fordert von der Stadt „Konzepte auch zur Minderung von Fluglärm.“
Für Niehoff steht fest: Zwei Abflugrouten werden von Düsseldorf aus immer über Mülheim führen. „Es wäre schon ein Erfolg, wenn es gelänge, nicht noch mehr Fluglärm in die Stadt zu bekommen.“