Mülheim. Gesundheitliche Probleme durch die Doppelbelastung – im Beruf als Awo-Geschäftsführer und ehrenamtlich als Parteivorsitzender der SPD Mülheim – nennt Lothar Fink als Grund für seinen Rücktritt, aber auch den juristischen Konflikt mit seiner früheren Kollegin Adelheid Zwilling.

Natürlich sei es eine besonders schöne und bereichernde Aufgabe die Mülheimer Sozialdemokratie zu führen, sagt die Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld. Wirklich? Bewerber stehen nicht gerade Schlange. Seit gestern stehen die Genossen ohne Vorsitzenden da. Lothar Fink stieg nach nur drei Jahren aus: ausgebrannt, aufgerieben und als Awo-Geschäftsführer verwickelt in einen Rechtsstreit, von dem er fürchtet, dass er kurz vor der Wahl die SPD treffen und ihr schaden könnte. Das sind die Gründe, einen dritten Grund lässt er unerwähnt: die Parteibasis. Sie hat ihn wahrlich nicht motiviert, im Gegenteil.

Mancher Spitzengenosse hätte schon nach der letzten Wiederwahl im Sommer vergangenen Jahres die Brocken hingeworfen. Mit lediglich 60 Prozent der Stimmen wurde er gewählt, der Rest lehnte ihn ab – ohne Aussprache, stumm auf dem Wahlzettel. Dabei gab nicht einmal einen Gegenkandidaten oder eine Kandidatin. Von Demontage sprachen einige damals, von einem parteischädigenden Verhalten. „Da haben Leute mit Dreck geworfen, ohne dass sich einer wehren kann“, empörte sich Constantin Körner, der mit der OB nun die Partei führt. Fink machte weiter, pflichtbewusst, aber auch, weil er wusste: Wer soll es machen? Die OB baute auf Fink und unterstützte ihn.

Trauriger Höhepunkt

Die Ablehnung setzte sich jedoch fort, ein trauriger Höhepunkt folgte für Fink: Vor kurzem beim Wahlparteitag hörte ihm kaum noch einer zu, als er die Ziele der SPD-Politik für die nächsten sechs Jahre darstellte, zum Beifall musste er die Genossen gar auffordern. Da konnte er einem fast Leid tun. Offene Kritik hat er von der Basis nie erfahren.

Seine Verwicklung in den Fall Adelheid Zwilling, die er fristlos bei der Awo rauswarf, setzt nicht nur ihm, sondern offensichtlich auch der Partei zu. Wie weit ist Politik mit der Awo in Mülheim verquickt, mischt sie sich ein? Zumindest gibt es nach dem Rücktritt von Fink die Vermutung, dass in dem Punkt ihn die Partei auch gedrängt habe.

Ob braucht Wiechering

Die Wahlkampfleitung hat die Partei bereits vor Wochen in die Hände von Claus Schindler und Daniel Mühlenfeld gelegt. Die OB betätigt sich inzwischen als eine Art Krisen-Managerin, appelliert: „Wir brauchen Kontinuität keinen innerparteilichen Wahlkampf“.

Fink hatte in der Vergangenheit stets betont, dass die Spitze mit OB Mühlenfeld, Fraktionschef Dieter Wiechering und seiner Person ein gutes Trio für die SPD und für die Stadt sei. Doch diese Spitze ist nicht nur durch seinen Wegfall ins Wanken geraten. Die OB musste auch für den Fraktionsvorsitzenden Dieter Wiechering bei der Kandidaten-Nominierung im Wahlkreis Broich in die Bresche springen, um ihn mit durchzusetzen. Sie braucht ihn im nächsten Rat, der noch bunter erwartet wird.

Schädliche Entwicklung für das politische Ehrenamt

Für die SPD wird es nicht leicht werden, eine neue Spitze zu finden. Fink ist nicht der erste in der Kommunalpolitik, der auch an der Doppelbelastung Beruf und Ehrenamt zerbricht. Woher kommen, woher nimmt man Leute, die beides wollen – und aushalten können? Mit dem Problem steht die SPD nicht alleine da. Die OB spricht von einer bedauerlichen und „schädlichen Entwicklung für das politische Ehrenamt und die demokratische Kultur“.

Erst nach der Sommerpause will sich die SPD an die Neuwahl eines neuen Vorsitzenden oder einer Vorsitzenden machen. Bis dahin werden Körner und die OB das Geschäft übernehmen. Die OB will in der Zeit Weichen setzen Richtung Verjüngung an verantwortlichen Stellen: „Mir schwebt vor, nach der Kommunalwahl alle Nachwuchsleute mit Potenzial zusammenzubringen, um mit ihnen Wege für ihre Zukunft, für die der Partei und die der Stadt zu diskutieren.“