Mülheim. . Falls der Etat nicht genehmigt wird, droht die vorläufige Haushaltsführung mit weiteren Einschnitten. In vielen Pleitestädten in NRW ist das längst Alltag
Mit der Wertberichtigung der RWE-Aktien verliert Mülheim auf einen Schlag 460 Mio. Euro und hat seit Dienstag mehr Schulden als Vermögen. Diese bilanzielle Überschuldung findet zunächst nur auf dem Papier statt. Kämmerer Uwe Bonan ging in einer ersten Bewertung davon aus, dass Kassenplan und Sparkonzept 2014 genehmigt werden (mit der Entscheidung wird in den nächsten Wochen gerechnet) und die Handlungsfähigkeit der Stadt erhalten bleibe.
Wenn aber Etat und Sparplan von der Aufsicht nicht genehmigt werden, könnte es ungemütlich werden. Dorsten am Nordrand des Ruhrgebiets, mit 80.000 Einwohnern halb so groß wie Mülheim, ist der Ruhrstadt finanziell ein paar Jahre voraus, hat lange ohne genehmigten Haushalt wirtschaften müssen und gehört zu den 27 Gemeinden in der ersten Stufe des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“. Ein Vergleich und ein Blick auf die Werkzeuge der Finanzaufsicht lässt ahnen, was Mülheim droht.
Pakt enthält Zuckerbrot und Peitsche
1Wird Mülheims Haushalt 2014 oder in einem der Folgejahre nicht genehmigt, greift § 82 der Gemeindeordnung. Diese „vorläufige Haushaltsführung“ ist als Regelung für den Notfall gedacht, kann aber bei anhaltender Misere hartnäckig sein. Eine Stadt darf dann nur bezahlen, wozu sie gesetzlich oder durch Verträge gezwungen ist. Selbst kleinste Ausgaben müssen vom Kämmerer genehmigt werden. Der Sparkommissar sitzt dann zwar nicht als Person im Rathaus, ist aber als Regelwerk und Abteilung der Bezirksregierung präsent.
2 Stärkungspakt Stadtfinanzen: 2013 hatte Mülheim bereits versucht, in die zweite Runde dieser Rettungsaktion zu kommen, war dafür aber noch nicht pleite genug. Vereinfacht gesagt, enthält der Pakt Zuckerbrot und Peitsche: Schuldenbeihilfen des Landes gegen schärfste Sparauflagen. Derzeit wird diskutiert, ob es eine dritte Stufe gibt, an der Mülheim teilnehmen könnte.
Keine Zuschüsse für Vereine
In Dorsten ordnet sich mittlerweile das Stadtleben den Sparzwängen unter. Die Grundsteuer gehört zu den höchsten in NRW, Stadtfeste finanzieren Sponsoren und private Veranstalter durch Speisen- und Getränkeverkauf (hier gibt’s noch einen Zuschuss an die MST als Veranstalter), alle Gebühren decken die echten Kosten, Zuschüsse an Vereine gibt es nicht mehr, selbst für die Kehrmaschine am Ende des Rosenmontagszuges müssen die Karnevalisten zahlen.
Mit dem Stärkungspakt verabschiedete der Dorstener Rat ein Sparpaket mit 210 Einzelpunkten. Kämmerer Hubert Große-Ruiken empfahl den Politikern damals „als Dienstkleidung ein dickes Fell.“