Mülheim. Ältere Leute, die sich ehrenamtlich um ältere Leute kümmern; solche, die an Demenz leiden? Der Vorschlag kommt von Karl-Josef Laumann, dem Pflegebeauftragten der Bundesregierung. Mülheimer Praktiker erkennen den grundsätzlichen Bedarf an Hilfe, sind aber skeptisch.
Senioren sollen sich ehrenamtlich um Demenzkranke kümmern. Das hat Karl-Josef Laumann (CDU), der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, vorgeschlagen. „Ehrlich gesagt, ich halte das für eine ziemliche Schnapsidee“, sagt Margret Illigens von der Alzheimer-Selbsthilfegruppe. „Das kann man nicht von oben anordnen. Menschen, die sich zu so einer Tätigkeit entschließen, müssen sich das gut überlegen. Der Umgang mit Demenzkranken ist nicht einfach. Da darf man nicht zu sensibel sein. Und: Vorher müsste eine entsprechende Schulung stattfinden.“
Allerdings: Grundsätzlich sind Ehrenamtliche für diesen Bereich durchaus gesucht. „Es gibt nur sehr wenige, die dazu bereit sind. In der Stadt gibt es zur Zeit nicht viele, abgesehen von denjenigen, die sich um ihre Angehörigen kümmern. Das ist aber auch noch mal etwas anderes“, berichtet Illigens. „Zum Beispiel als sogenannte Alltagshelfer, könnten sie in Alten- und Pflegeheimen zum Einsatz kommen.“
Schulung ist notwendig
Welche Tätigkeiten sind dann gefordert: „Man besucht die Kranken regelmäßig. Gießt ihnen ein Glas Wasser ein. Geht mit ihnen spazieren“, zählt Illigens auf. „Solche Helfer können aber auch mitfahren, wenn ein Kranker mal zum Arzt muss. Das ist vor allem dann eine wirkliche Hilfe, wenn der Kranke keine Angehörigen hat, die sich um ihn kümmern.“ Man stelle sich folgende Situation vor: Der Kranke wird von einem Krankenwagen im Heim abgeholt - von letztlich fremden Menschen. „Da bekommen die Leute natürlich Angst. Dann ist es gut, wenn eine vertraute Person mitkommen kann. Und sich vor Ort vielleicht auch um die Verständigung mit dem Arzt kümmert.“ Freilich, so Illigens, zeigt dieses Beispiel auch, welche große Verantwortung dann hier auch Ehrenamtliche übernehmen würden. Und so betont sie noch einmal: „Ohne eine Schulung geht es nicht.“
Doch wer soll die leisten? Vielleicht das Centrum für bürgerschaftliches Engagement: „Im Moment gibt es so ein Angebot bei uns nicht. Allerdings weiß ich, dass ähnliche Einrichtungen in anderen Städten so etwas machen“, so CBE-Geschäftsführer Michael Schüring. „Ganz grundsätzlich muss aber betont werden: Ehrenamtliches Engagement ist eine freiwillige Sache. Es ist natürlich sehr ehrenwert, wenn sich Menschen auch in diesem Bereich engagieren wollen. Aber eines muss klar sein: Das kann und es darf auch nicht die professionelle Pflege ersetzen.“
Zeit für eine Pause gewinnen
Ähnlich sieht es auch der Vorsitzende des Seniorenbeirates, Helmut Storm: „Ich kann mir schon vorstellen, dass es Senioren gibt, die an so einer Tätigkeit Interesse hätten. Viele suchen, nachdem sie in den Ruhestand gegangen sind, nach einer sinnvollen Tätigkeit. Manchmal wären solche Menschen vielleicht auch eine gute Entlastung für Angehörige, die dadurch mal Zeit für eine Pause gewinnen.“ Allerdings betont der ehemalige Geschäftsführer der Deutschen Roten Kreuzes auch: „Ich weiß von damals her, dass solche soziale Tätigkeiten emotional belastend sein können. Es müsste für sie Gruppen oder Beratungen für sie geben, in denen sie dann über ihre Belastungen sprechen können und lernen, Grenzen zu ziehen.“
Margret Illigens hofft auf ehemalige Pfleger oder Menschen, die einen Angehörigen betreut haben, der bereits verstorben ist. „Die haben dann eine bessere Vorstellung davon, was auf sie zukommt.“