Mülheim. Eigentlich steht Michelle Schulz kurz vor dem Abitur und hat genug zu tun. Sich ehrenamtlich zu engagieren ist für die Speldorferin jedoch ein Ausgleich. Sie ist nicht nur in der Jugendarbeit ihrer Kirchengemeinde aktiv, sie besucht als Grüne Dame auch die Patienten des Ev. Krankenhauses Mülheim.

„Ich fände es komisch, wenn da so ein Grünschnabel vorbeikommt, aber die Patienten sind mir gegenüber ganz offen“, freut sich Michelle Schulz. Mit ihren 20 Jahren ist die Schülerin die jüngste Grüne Dame im Ev. Krankenhaus.

Eigentlich ist die Speldorferin gut ausgelastet: Am Gertrud-Bäumer-Berufskolleg in Duisburg läuft der Endspurt zum Abitur. Und seit fünf Jahren engagiert sie sich in ihrer Gemeinde, wirkt im Kindergottesdienst mit und begleitet Jugendfreizeiten. Die Wochenenden und die Ferien bleiben da für ihr zweites Ehrenamt im Ev. Krankenhaus. „Ich bin froh, wenn ich zwischen der Lernerei mal andere Gesichter sehe.“

Richtige Maß zwischen Nähe und Distanz

Im Berufskolleg sind Michelle Schulz‘ Schwerpunkte Psychologie und Pädagogik. Ihre zweiwöchigen Praktika in der 12. und 13. Klasse absolvierte sie in der Ev. Krankenhaushilfe, mit deren Leiterin Pfarrerin Klaudia Schmalenbach sie über ihre Gemeinde in Kontakt kam. „Zuerst habe ich mit anderen Grünen Damen die Patienten besucht, dann auch alleine. Es ist sehr schön, so viele verschiedene Lebensgeschichten zu hören.“

Gerade vor Operationen seien viele nervös. „Manchmal habe ich das Verlangen, die Patienten in den Arm zu nehmen und zu sagen: Das wird schon wieder.“ Aber das fände die 20-Jährige übergriffig, vor allem bei Patienten, die ihre Großeltern sein könnten. „Das richtige Maß zwischen Nähe und Distanz zu wahren, ist noch etwas schwierig für mich.“ Mit ihrer zugewandten und ruhigen Art gewinnt Michelle Schulz jedoch schnell die Sympathie der Patienten – und ihren Dank. „Früher habe ich gedacht, Krankenhaus ist trist, alle wollen nach Hause und das Essen schmeckt sowieso nicht. Aber das stimmt alles gar nicht!“

Die 100 Grünen Damen gehören zur Seelsorge im Krankenhaus

Ihre Freunde, berichtet die Schülerin, verstehen nicht richtig, was sie als Grüne Dame macht. „Sie fragen, ob ich auch Spritzen gebe.“ Die Antwort ist ein klares Nein. Die etwa 100 Grünen Damen – auch einige Herren sind dabei – gehören zur Seelsorge und dienen vor allem als zusätzliche Ansprechpartner für die Patienten, die Zeit mitbringen. Michelle Schulz möchte ihnen diese Zeit weiterhin schenken, wenn sie im Herbst ihr Studium beginnt: Theologie für das Pfarramt oder Geschichte und Deutsch für das Lehramt. So ganz sicher ist sie sich noch nicht. Sie kann sich auch vorstellen, Gesundheits- und Krankenpflegerin zu werden.

Neue Grüne Damen und Herren sind immer willkommen. Die meisten haben an einem Vormittag pro Woche Dienst, vor allem auf den Stationen, manche auch beim Gottesdienst am Samstagabend. Einige stehen den Patienten unmittelbar vor der Operation beruhigend zur Seite, andere helfen Neuankömmlingen in der Eingangshalle bei der Orientierung.