Mülheim. Der Naturschutzbund und die Wasserversorger an der Ruhr wollen für Eisvögel Brutplätze schaffen. In Mülheim gibt es bereits ein konkretes RWW-Projekt. In der Ruhraue fühlt sich das Tier schon seit Jahren erkennbar wohl.

Gefrühstückt hat der kleine, farbenfrohe Flügelflitzer schon in Sichtweite der RWW-Hauptverwaltung. Bald soll der rare Eisvogel auch dauerhaft ein guter Nachbar des Wasserversorgers werden. Als erstes von mehreren Projekten längs der Ruhr soll „Alcedo atthis“ (für Lateiner) hier eine künstliche Nisthilfe angeboten werden. Das Gesamtpaket verabredeten 19 Versorger und der Naturschutzbund NRW in der vergangenen Woche.

Viele Flüsse sind heute deutlich sauberer als noch vor 30 Jahren. Der Eisvogel findet fast überall wieder genug kleine Fische, um sich und seine bis zu drei Bruten pro Jahr zu ernähren. Aber längst ist nicht mehr die Wassergüte das Hauptproblem des Eisenkeils (wie er manchenorts genannt wird) – es ist die Wohnungssuche, erklärt Tobias Rautenberg, diplomierter Bio-Geograf und Vogelkundler der Biostation Westliches Ruhrgebiet. Der sehenswerte Prachtvogel braucht an ruhigen Wasserläufen Steilufer, in die er eine Röhre wühlen und an deren Ende er eine Höhle anlegen kann.

Ruhr als guter Lebensraum

Als Gewässer sind die Ruhr und seine Nebenläufe gute Lebensräume. Vor allem in Mülheim geht’s dem Vogel prima. Auf (eher) fünf bis zu vielleicht zehn Brutpaare schätzt Rautenberg den Bestand, drei bis vier leben allein im Schutzgebiet Saarn-Mendener-Ruhraue, für deren Schutz der Eisvogel seinerzeit so etwas wie der Patenonkel war. Mit ein paar Hilfen könnten vielleicht fünf weitere Paare in der Stadt angesiedelt werden, schätzt Rautenberg.

Bemerkenswert hohe Brutdichte

Die Ruhraue in Saarn und Menden ist Naturschutz- und europäisches Flora-Fauna-Habitat-Gebiet. Mit über 500 Pflanzenarten zählt das 150 Hektar große Naturrevier zu den artenreichsten Lebensräumen der Stadt. Einzelne Flächen wurden 1982 unter Schutz gestellt, das gesamte Areal 2005.

Zu finden
sind viele Arten von Fröschen, Molchen und Libellen. Und der Eisvogel siedele hier „in bemerkenswert hoher Brutdichte“, urteilen Forscher.

Diese Hilfen soll das Federvieh bekommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) und der Naturschutzbund NRW haben gerade eine Vereinbarung unterzeichnet, an den Standorten der Versorger natürliche Brutplätze zu verbessern und künstliche anzulegen. Schirmherr der Initiative ist Landesumweltminister Johannes Remmel, beteiligt sind außer der Mülheimer RWW noch 18 weitere Betriebe von der Quelle bei Winterberg bis zur Mündung in den Rhein. Für die Wasserproduzenten hat der Eisvogel hohen Symbolwert: Wo er lebt, geht’s den Gewässern gut, lautet die Gleichung.

Bau einer Nisthilfe am Ruhrufer geplant

Für den örtlichen Versorger wird die gerade unterzeichnete Absicht rasch handfest: Gemeinsam mit dem Naturschutzbund vor Ort plant RWW den Bau einer Nisthilfe am Ruhrufer zwischen Schloss- und Kassenbergbrücke: Ein künstliches Steilufer, unzugänglich für Spaziergänger, sicher vor Ratten und Mardern, aber für Spaziergänger gut einsehbar, erklärt RWW-Sprecher Ramon Steggink. Noch im Frühjahr soll das konkrete Bauprojekt vorgestellt werden.

Biologe Rautenberg ist guter Dinge, dass der bisher nur durchreisende Gast das Mietangebot in Stadtnähe rasch annehmen wird. Wenn, wäre er hier für Vogelfreunde auch gut zu beobachten. Den Eisvogel stört das nicht, so lange Spaziergänger genug Abstand zur Höhle halten. „Das wird eine gute Möglichkeit, den kleinen, bunten Kerl mal anzugucken“, sagt Rautenberg. Mülheim könnte dann so Werbung machen: Die Stadt für Eisvogel-Watching . . .