Mülheim. Zurzeit wird darüber diskutiert, ob die Rezeptpflicht für die Pille danach fallen soll. Die Inhaberin der Mülheimer Max-und-Moritz Apotheke ist dagegen, weil das mehr Verantwortung für Apotheker bedeuten würde. Medizinische Beratungen müssten dann am Notschalter durchgeführt werden.
Es ist Nacht, der Apotheker hat Notdienst. Vor der Tür steht ein Mädchen - vielleicht sogar minderjährig. Sie verlangt die sogenannte „Pille danach“. Bisher müsste sie, damit sie die Pille bekommt, ein Rezept vorzeigen. Zurzeit wird diskutiert, ob diese Rezeptpflicht abgeschafft wird. Sie besteht außer in Deutschland in Europa nur noch in Polen und Italien.
Nicola Hofer-Hebeda, Inhaberin der Max und Moritz-Apotheke an der Duisburger Straße, hat dazu eine klare Auffassung. Schließlich käme auf sie und ihre Kollegen eine besondere Verantwortung zu. Die medizinische Beratung, die bisher dem oblag, der das Rezept ausgestellt hat, müsste dann sie leisten. „Ich bin dafür, dass weiterhin die Rezeptpflicht besteht“, betont sie daher. „Solche Fälle begegnen einem tatsächlich meistens während des Notdienstes. Diese Erfahrung machen auch meine Kollegen. Und teilweise sind das auch wirklich sehr junge Mädchen, so um die 15 Jahre. Da wäre es schon wichtig, eine medizinische Beratung zu leisten. Ob der Notschalter dafür der richtige Ort ist – da habe ich meine Zweifel.“
Die medizinischen Risiken seien nicht zu unterschätzen. „Mit der Pille wird eine große Hormondosis verabreicht. Da ist es wichtig, vorher über mögliche Folgen aufgeklärt zu werden.“ Aber auch noch etwas anderes hat Hofer-Hebeda im Blick: „Die Rezeptfreiheit wäre ein falsches Signal. Gerade an junge Mädchen.“ Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Pille sei so etwas wie ein Smartie.
Auf Einzelfälle beschränken
Ähnlich sieht es auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Dr. Peter Potthoff. Eine gleiche Beratung wie ein Arzt könne der Apotheker nicht leisten, betont er auf NRZ-Anfrage. Diese Beratung könne dank der ambulanten Notdienste auch außerhalb der Praxiszeiten erfolgen.
„Die wichtigste Frage an eine Frau, die mit der ,Pille danach‘ eine Schwangerschaft verhindern möchte, lautet, wie sie in Zukunft verhütet“, sagt Potthoff. Es gehe darum, einen Weg zu finden, um die „Pille danach“ auf den Einzelfall zu beschränken. Ohne Verschreibungspflicht drohe ein inflationärer Gebrauch dieses Mittels, das nur zur Notfallverhütung gedacht ist. „Es geht bei der Frage der Verordnungspflicht nicht nur um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, sondern auch um ihre Gesundheit“, so der Arzt.
Soziale Aspekte
Damit spricht der Mediziner den sozialen Aspekt an. Wieso kommt es dazu, dass die „Pille danach“ genommen wird? Leider fehlen genaue Zahlen, wie viele verschrieben werden. Wie viel wissen Jugendliche heutzutage tatsächlich über Verhütungsmethoden? Der Wissensstand sollte sehr hoch sein, ist das Thema doch längst Schulstoff.
Richard Grohsmann hat viel mit Jugendlichen zu tun. Der Sozialpädagoge ist Leiter des Jugendzentrums Stadtmitte. Und er bestätigt, Verhütung sei schon ein Thema, regelmäßig gebe es dazu auch Veranstaltungen. „Dann geht es aber eher darum, ob die Eltern erlauben, dass das Mädchen die reguläre Pille verschrieben bekommt.“ Je nach kulturellem Hintergrund gebe es da recht unterschiedliche Positionen.
16 bis 35 Euro kostet die rezeptpflichtige Pille danach. Krankenkassen übernehmen diese Kosten bei Mädchen bis zum 20. Lebensjahr.