Essen. . Die Grünen sind für die Freigabe der “Pille danach“, der Bundesgesundheitsminister besteht auf die Rezeptpflicht. Abseits der politischen Auseinandersetzung warnen Frauenärzte die Benutzer der Pille vor einer trügerischen Sicherheit. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Einfach nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr in die Apotheke gehen und die „Pille danach“ kaufen – was in Deutschland hoch umstritten ist, ist in anderen Ländern schon möglich. Doch der Umgang mit dem Medikament will überlegt sein. Fragen und Antworten zum Thema.

Ist die „Pille danach“ sicher?

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Von Matthias Korfmann und Birgitta Stauber-Klein

Der Berufsverband der Frauenärzte spricht von einem relativ hohen Prozentsatz, mit dem Schwangerschaften durch die „Pille danach“ verhindert werden können, aber nicht von einer absoluten Sicherheit. Bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr rund um den Ei-sprung liege die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, bei fünf Prozent. Die Pille danach könne von diesen fünf Prozent wiederum im Schnitt 60 Prozent der Schwangerschaften verhindern – je nach Wirkstoff und Zeitpunkt der Einnahme. Auf jeden Fall gilt: Je schneller die Pille eingenommen wird, desto besser. Nach ein paar Tagen ist sie wirkungslos. Nach der Einnahme kommt es in der Regel zu einer normalen Menstruation, und zwar zum gewohnten Zeitpunkt. Fällt die Blutung aus, sollte ein Schwangerschaftstest gemacht werden. Bei stark übergewichtigen Frauen ist die Wirkung der „Pille danach“ eingeschränkt. Ihnen empfiehlt der Frauenärzte-Verband, sich nach dem ungeschützten Verkehr eine Kupferspirale in die Gebärmutter legen zu lassen.

Hat die „Pille danach“ starke Nebenwirkungen?

Sie ist relativ gut verträglich. Für den Apothekerverband handelt es sich um ein Arzneimittel wie viele andere, die rezeptfrei erhältlich sind. Die Frauenärzte berichten von gelegentlichem Erbrechen, Kopfschmerzen und Zyklusstörungen sowie einer gewissen Thrombose-Gefahr.

Kann die „Pille danach“ die Empfängnisverhütung ersetzen?

Nein, sie eignet sich nur für den Notfall. Pille und Kondom sind sicherer. Außerdem nimmt die Wirksamkeit ab, je öfter sie genommen wird. Auch nach Anwendung der „Pille danach“ sollte kein ungeschützter Geschlechtsverkehr erfolgen.

Steht die „Pille danach“ dem Wunsch, ungeborenes Leben zu schützen, im Weg?

Auch die Gegner einer rezeptfreien „Pille danach“ sind sich darüber im Klaren, dass es sich hier nicht um eine „Abtreibungspille“ handelt, die eine Schwangerschaft beendet. Dennoch haben die katholische Kirche und viele Politiker von CDU/CSU moralische Bedenken. Sie erinnern daran, dass die „Pille danach“ – wie die „normale“ Pille oder Kondome – eine Schwangerschaft und damit das Entstehen von Leben verhindern soll. Das Büro des Kölner Kardinals Meisner unterstrich gestern gegenüber dieser Zeitung, dass die „Pille danach“ wie ein Verhütungsmittel einzuschätzen, also abzulehnen sei. Meisner signalisiert aber, dass die Entscheidung in der Verantwortung der Ärzte liege. Und im Falle einer Vergewaltigung, so Meisner, sei die „Pille danach“ vertretbar.

In den meisten EU-Ländern ist die „Pille danach“ rezeptfrei erhältlich. Ist nach der Einführung die Zahl der Abtreibungen gesunken?

Dafür gibt es nur Indizien. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat auf zum Teil mehrere Jahre alte Einschätzungen aus der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verwiesen. Demnach sollen Abtreibungsraten nach Einführung der „Pille danach“ in den USA, Schweden und Frankreich leicht gesunken sein.

Der Verband der Frauenärzte sagt hingegen: „In den europäischen Ländern, in denen Levonorgestrel rezeptfrei erhältlich ist, hat die Zahl der ungewollten Schwangerschaften seit der Rezeptfreiheit nicht abgenommen. Im Gegenteil: die Rate ist in Großbritannien, Frankreich und Schweden fast dreimal so hoch wie in Deutschland.“ Aber dieser Vergleich hinkt: Zu verschieden sind die Gesundheitssysteme und die medizinische Versorgung in Europa, zu unterschiedlich die Beratungs- und Behandlungsangebote sowie die Sexual-Aufklärung junger Menschen. Außerdem bedeutet „Zahl ungewollter Schwangerschaften“ nicht gleichzeitig „Abtreibung“.

Was kostet die „Pille danach“?

Ulipristal kostet 35 Euro, Levonorgestrel etwa 17 Euro. Bei jungen Frauen unter 20 Jahren übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. Voraussetzung bleibt allerdings das Rezept.