Bonn. . Die „Pille danach“ ist politisch umstritten. SPD und Grüne sind für eine Abgabe ohne Arztbesuch, die Union fürchtet Risiken und Nebenwirkungen. Nun haben sich Arznei-Experten klar gegen die Rezeptpflicht ausgesprochen. Es reiche, wenn ein Apotheker über das Medikament aufklärt.

Die „Pille danach“ wird möglicherweise künftig in Deutschland ohne Rezept in Apotheken verkauft. Gestern sprachen sich Experten des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn für eine Abgabe ohne Arztbesuch aus. Die „Pille danach“ ist ein Medikament mit dem Wirkstoff Levonorgestrel, das bis 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen werden kann, um den Eisprung und damit eine Schwangerschaft zu verhindern.

Die Experten erkennen keine medizinischen Gründe, die zwingend gegen eine Entlassung aus der Rezeptpflicht sprächen. Wichtig sei aber die Beratung durch einen Apotheker. Ähnlich argumentiert die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Nun muss Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) eine Entscheidung über die Pille danach treffen. Bisher kam für die Union – allen voran für den CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn – eine Freigabe dieses Medikamentes nicht infrage. Spahn hatte jüngst mit einem Satz über die „Pille danach“ für Aufsehen gesorgt: „Das sind keine Smarties, das ist ein Medikament mit Risiken und Nebenwirkungen.“ Der Bundesrat stimmte schon im November mit rot-grüner Mehrheit für die rezeptfreie Abgabe.

Lob aus der NRW-Regierung

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) zeigte sich zufrieden mit dem Expertenvotum. „Die Aufhebung der Rezeptpflicht ist längst überfällig“, sagte sie. Untersuchungen in anderen Ländern hätten ergeben, dass nach der Freigabe die Zahl der Abtreibungen gesunken sei, erklärte Steffens. Frauen in Notsituationen, wie beispielsweise nach einer Vergewaltigung, müsse der Zugang zur ,Pille danach’ erleichtert werden. Das deutsche Recht schränke hier das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ein. Tatsächlich ist die rezeptfreie Abgabe dieser Pille in den meisten EU-Ländern möglich. Ausnahmen: Deutschland, Polen, Italien. Die „Pille danach“ wird hierzulande rund 400 000-mal im Jahr von Ärzten verschrieben.

Die Diskussion über die Rezeptpflicht für das Mittel hatte im vergangenen Jahr erneut an Fahrt gewonnen. Damals hatte es einen Aufschrei in der Öffentlichkeit gegeben, als zwei katholische Kliniken in Köln es ablehnten, einer vergewaltigten jungen Frau die „Pille danach“ zu verschreiben. Einige Wochen später erlaubte die katholische Kirche dann die „Pille danach“ für vergewaltigte Frauen.

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Nach Einschätzung von Ministerin Barbara Steffens habe die freie Vergabe des Medikamentes in Apotheken einen großen Vorteil: „Im Gegensatz zu Arztpraxen haben Apotheken auch nachts und an Wochenenden geöffnet.“