Mülheim.
Die städtische Aufarbeitung des Zinswetten-Debakels war und bleibt ein Trauerspiel. Von Anfang an war die Stadt darauf aus, den Schadensfall im Aktenarchiv verschwinden zu lassen – ohne sich öffentlich der Verantwortung für die verlustreiche Wetterei zu stellen.
Es sei nur an eine denkwürdige Sitzung des Finanzausschusses im Juni 2008 erinnert, als die MBI eine Bilanz der Mülheimer Wettgeschäfte eingefordert hatten. Die Kämmerei antwortete mit einer gerade einmal zweieinhalbseitigen, nach heutigen Erkenntnissen äußerst lückenhaften Stellungnahme. Zur Frage etwaiger Haftungsansprüche verlieren sich darin gerade einmal zwei läppische Sätze. Haftungsansprüche gegenüber Banken seien nicht zu erkennen.
Stadt zur Transparenz bewegen
Und: „Es sind keine Anhaltspunkte für eine nachweisbare Falschberatung ersichtlich.“ Der Satz erscheint gerade nach der Akteneinsicht aberwitzig, da klar ist: Die Stadt hat die Wetten-Abwicklung nur mangelhaft dokumentiert und sieht noch dazu ein eigenes „erhebliches Mitverschulden“.
Der WAZ musste seit dem wegweisenden BGH-Urteil 2011 zur Bankenhaftung bei Zinswetten hart kämpfen, um die Stadt peu à peu zur Transparenz zu bringen und zu zwingen. „Es bleibt abzuwarten, wie verantwortungsvoll nun die WAZ mit ihren Informationen aus dem Gutachten umgeht“, hat Rechtsdezernent Steinfort kommentiert, als das OVG die Stadt zur Offenlage der Gutachten gezwungen hat. Welch ein Hohn, dieser Versuch, Verantwortung für etwas abzuwälzen, was die Stadt doch selbst verantwortet. Hätte sie von Anfang an transparent gehandelt, wäre sie nun kaum in der Erklärungsnot geraten. (Mirco Stodollick)