Mülheim.

Es geht auf Weihnachten zu. Das heißt für die Stadtbäckerei Hemmerle und für ihre 30 Bäckerinnen und Bäcker: Ausnahmezustand. Lediglich zwei Stunden ist die Produktionsstätte an der Neckarstraße im Hafengebiet nicht besetzt.

„Der Erste kommt schon um 22 Uhr abends und der letzte Bäcker hat dann am nächsten Tag gegen 16 Uhr Feierabend“, erzählt Peter Hemmerle, der seit 1996 mit seinem Bruder Bernd die Geschäfte der Traditionsbäckerei lenkt. Der Bäckermeister selbst, der wegen einer Mehlstauballergie in den Verkauf wechseln musste, ist jeden Tag von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr in seinem Betrieb. „Für unsere Mitarbeiter ist die Arbeitsbelastung in der Vorweihnachtszeit natürlich besonders hoch.“ Dabei wehrt sich Hemmerle gegen den Trend, die typischen Weihnachtsgebäcke schon kurz nach den Sommerferien in den Filialen anzubieten. Die Jahreszeit sollte schon passen – daher spielt sich vor Oktober in Sachen Spekulatius & Co. nicht viel ab.

Keine kleinen Brötchen backen

Doch auch außerhalb der Weihnachtszeit müssen die Brüder Hemmerle und ihre Angestellten, was die Herstellungsmenge angeht, weiß Gott keine kleinen Brötchen backen. Über 13.000 Spezial- und normale Brötchen werden jeden Tag in der Bäckerei hergestellt und landen in den Auslagen der Mülheimer Filialen. Hinzu kommen noch unzählige Brote und Süßwaren, die das ganze Jahr über zum Sortiment des Betriebes gehören.

Dass das Weihnachtsgeschäft dann natürlich zusätzlichen Stress bedeutet, ist selbstverständlich. Aber es ist für Familie Hemmerle natürlich auch die umsatzreichste Zeit. Gerade zu St. Martin oder Nikolaus ist die Nachfrage nach Pumännern, wie sie in Mülheim nun mal heißen, besonders hoch. Weit über 6000 der Stutenkerle werden zu diesen Anlässen hergestellt, darüber hinaus kommen noch Bestellungen von Kindergärten und Schulen. Und gerade hierbei handelt es sich um eine äußerst aufwendige Rezeptur. Schließlich sind alle Pumänner von Hemmerle noch wahre Handarbeit. Zehn Frauen und Männer formen liebevoll Körper, Beine und Kopf und verzieren anschließend mit Butterstreuseln, Mandeln oder Zuckerguss. Die obligatorische Pfeife zum Schluss darf natürlich nicht fehlen.

Traditionell von Hand gefertigt

Auch der Christstollen, der erst Mitte letzter Woche in die Produktion gegangen ist, wird noch traditionell von Hand gefertigt. „Ich hoffe, dass die Kunden den Unterschied zur Discounterware auch zu schätzen wissen“, so Peter Hemmerle. „Denn durch die hohen Arbeitskosten haben unsere Waren dann ja auch ihren Preis.“

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Viele Kunden zahlen ihn aber gerne. Nicht zuletzt auch deswegen, weil sie in den Filialen immer Auskunft über Herstellung, Zutaten und fehlende Konservierungsstoffe erhalten können. Das Gleiche gilt aber auch für alle anderen Produkte, die Hemmerle, nicht nur zur Weihnachtszeit, verkauft.

Um sich gegen den steigenden Konkurrenzdruck durchzusetzen, ist nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch Strategie gefragt, wissen die Hemmerle-Brüder.

"Wettbewerb wird immer immenser"

„Man muss sich wieder positionieren, eine Nische im Geschäft finden“, erklärt Peter Hemmerle. „Der Wettbewerb durch die Discounter wird immer immenser, ich möchte meinen Kunden daher eine Nachvollziehbarkeit der Herstellung bieten, die sie woanders nicht bekommen.“ Denn das Bäckerhandwerk hat es heutzutage nicht leicht.

Neben der billigen Konkurrenz durch Bäckereiketten und der Rohstoffknappheit plagen nicht nur Peter und Bernd Hemmerle Nachwuchssorgen. Das liegt vor allem an den Arbeitszeiten. „Ich stehe zwar auch nicht gerne mitten in der Nacht auf“, gesteht Bäckermeister Bernd Hemmerle, für den der Arbeitstag meist um zwei Uhr morgens beginnt. „Aber mir macht mein Beruf einfach wahnsinnig viel Spaß.“