Mülheim. Schüler in Nordrhein-Westfalen schneiden im bundesweiten Vergleich bei den Naturwissenschaften durchgehend schwach ab. Als Ursache werden Lehrermangel und zu volle Klassen genannt. Wie sieht es in Mülheim aus? Eine Bestandsaufnahme.
Lagen die Schüler NRWs vor zwei Jahren, als ihre Deutsch- und Englisch-Kompetenzen auf dem bundesweiten Prüfstand waren, noch im guten Mittelfeld, so lassen die aktuellen Testergebnisse in den sogenannten Mint-Fächern die Alarmsirenen aufheulen. Insgesamt 44.000 Neuntklässler wurden in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik geprüft, dabei belegten die Schüler NRWs in allen Fächern nur hintere Plätze. Im Vergleich zum Spitzenreiter Sachsen haben sie bis zu zwei Jahre Wissensrückstand in den naturwissenschaftlichen Fächern.
Lehrer und Schulleiter der fünf Mülheimer Schulen, denen der Mint-Status (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften Technik) verliehen wurde, sprachen mit WAZ-Mitarbeiter Marc Friedrich über die Gründe für dieses schlechte Abschneiden und nannten Vorzüge, die sie als Mint-Schule innehaben:
Schulleiter Wolfgang Dahmen, Realschule Broich:
„Besonders in Physik und Chemie besteht Lehrermangel. Zudem sind viele Klassen einfach zu voll. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass es sich um einen Querschnitt handelt und dass es auch Ausnahmen gibt. Als Mint-Schule sind wir eine solche Ausnahme, denn besonders in den Mint-Klassen bekommen über 90 Prozent der Schüler die Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe.“
Ingrid Lürig, Schulleiterin Willy-Brandt-Schule, Styrum:
„Wir müssen aus solchen Studien die richtigen Konsequenzen ziehen. Der Sozialraum muss stärker einbezogen werden. Wir brauchen für die Förderung von Kindern aus sozialschwachen Familien oder mit Migrationshintergrund auch in den Naturwissenschaften mehr Ressourcen. Trotzdem sind wir auf einem guten Weg und haben als eine von sieben Schulen NRWs einen Technik-Leistungskurs mit 15 bis 20 Schülern pro Jahrgang.“
Koordinator Mint-Bereich Robert Dißelmeyer, Gymnasium Heißen, Mint-EC-Schule:
„Der Hauptgrund für viele Defizite ist der Lehrermangel. Gerade in Fächer wie Physik und Chemie müssen die Schulen mit der Wirtschaft konkurrieren, da dort wesentlich mehr verdient werden kann. Unserer Schule geht es aber deutlich besser, denn der Mint-EC-Status macht uns für Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer interessant. Insgesamt sehe ich aber landesweit einen positiven Trend.“
Gebhard Lürig, Schulleiter Realschule Stadtmitte:
„Besonders in Fächern wie Chemie und Physik wird es immer schwieriger an gutes Lehrpersonal zukommen, für Realschulen natürlich noch schwerer. Wir haben eine Mint-AG bei der die Schüler praktische Versuche durchführen. Diese Realbegegnungen mit der Materie brauchen die Schüler. Positiv anzumerken ist, dass sich viele Mädchen für Mint-Fächer interessieren.“
Christa van Berend, Leiterin Gustav-Heinemann-Schule, Dümpten:
„Ich sehe die Situation nicht so dramatisch. Unsere Schüler schneiden im Abitur in den Mint-Fächern glänzend ab. Es interessieren sich auch zunehmend Schüler für einen Chemie-Leistungskurs. In den Klassen in NRW sind aber mehr Schüler als in anderen Bundesländern. Solche Situationen müssen bei einem Vergleich dieser Art einbezogen werden.“