Mülheim. Weil Verdienst, Anerkennung und Arbeitsbelastung nicht wirklich zusammenpassen, wollen nur wenige Grundschullehrer(innen) auch Rektor(in) werden.
Vielen Grundschulen in NRW fehlt ein Rektor. Aber nicht der Leitungsposten ist das Problem, sondern der Weg dorthin. Dies zeigt ein Mülheimer Beispiel: Bis vor kurzem war auch die Rektorenstelle der Grundschule am Dichterviertel vakant. Erst seit gut sechs Wochen ist Nicola Küppers dort im Amt.
Wenn man mit der 44-Jährigen darüber spricht, warum sie sich auf diese Stelle beworben hat - und welche Gründe sie eventuell abgehalten hätten, dann werden die strukturellen Probleme deutlich, die Kolleginnen von Küppers davon abhalten, es ihr gleichzutun. Denn grundsätzlich dürften viele wie sie den Wunsch haben nach einer guten Zeit Berufserfahrung - sie ist seit 1997 im Schuldienst - noch einmal eine neue Herausforderung zu suchen. „Bei mir war es so: Meine Kinder sind jetzt zwölf und 14. Sie nehmen mich nicht mehr so stark in Anspruch. Und ich war motiviert, selbst Schule noch mehr zu gestalten.“ Eine Lebenssituation, die sie mit vielen Grundschullehrerinnen - die Mehrheit in den Kollegien dort ist weiblich - teilt. Warum der Wille zur beruflichen Veränderung bei den meisten nur ein Wunsch bleibt und nicht wie bei Küppers ins Büro der Rektorin führt, hat mit dem Bewerbungsverfahren zu tun.
Unverhältnismäßig geringe Gehaltserhöhung
Um Chancen auf Beförderung zu haben, müssen die Kandidaten nämlich ihre Qualifikation nachweisen. Dieser Nachweis erfolgt in der Regel über den Konrektorinnenposten. Wer längere Zeit als Konrektor, also als Stellvertreter des Rektors gearbeitet hat, beweist dadurch seine Führungsqualifikationen. Auch das scheint logisch, wenn da nicht das Gehalt wäre. „Wenn eine Kollegin Konrektorin wird, dann verdient sie nur 150 Euro mehr als vorher“, berichtet Rita Theelke. Die Pressesprecherin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, die selbst als Grundschullehrerin arbeitet, weiß: „Diese minimale Gehaltserhöhung schreckt viele ab. Denn sie steht in keinem Verhältnis zur neuen Arbeitsbelastung.“ Denn der Konrektor ist es, der gemeinsam mit dem eigentlichen Rektor die Schulbelange managt.
So sagt auch Nicola Küppers: „Hätte ich erst noch diesen Schritt machen müssen, hätte ich darauf verzichtet.“ Aber die 44-Jährige hatte Glück: „Ich hatte schon vorher immer an Weiterqualifizierungsmaßnahmen teilgenommen. Und habe auch in der Uni als Dozentin weitergearbeitet. Das wurde dann schließlich auch als Qualifikation anerkannt.“ Aber dieses Glück habe eben nicht jeder, oder konkreter: nicht jede.
Es geht nicht nur ums Geld
So sieht Küppers in ihrer neuen Position auch eine wichtige Aufgabe darin, junge Kolleginnen in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen. „Drei Lehrerinnen gehen bei uns jetzt in die Schwangerschaftspause. Alle drei würden gerne schnell wieder arbeiten. Sie haben gefragt, ob man nicht eine Tagesmutter engagieren könnte, die dann vor Ort die Kinder betreut. Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Aber ich will es versuchen.“
Und wie sieht sonst Küppers Bilanz nach sechs Wochen aus? „Ich bin bisher hier noch keinen Tag vor 20 Uhr rausgegangen“, sagt sie. Aber das stört sie nicht. Denn sie macht ihren Beruf gerne. Was ihr allerdings fehlt ist die Anerkennung. Im Vergleich zu Direktoren an weiterführenden Schulen verdient sie nämlich wesentlich weniger. Sie ist lediglich um eine Gehaltsstufe nach oben befördert worden. Die Arbeitsbelastung stünde auch hier in keinem angemessenen Verhältnis zum Gehalt. „Aber das ist ja auch nicht das einzige Kriterium, das für mich wichtig ist. Ich wollte Schule gestalten und das kann ich jetzt.“