Mülheim. Unruhige Nächte hat Volker Sperlich. Es sind Sorgen um seine Heimatstadt, die dem Professor im Ruhestand den Schlaf rauben. Seiner Meinung nach werden zu viele Grünflächen zu Neubaugebieten und versiegelt. Eine Sicht, die Umwelt- und Planungspolitiker so nicht teilen.

Volker Sperlich, ein Professor im Ruhestand und jemand, der fast sein ganzes Leben in Mülheim verbracht hat, macht sich Sorgen um die Stadt. „Auch wenn ich an Mülheim denke, wird für mich die Nacht unruhig und schlaflos“, sagt er und beklagt einen aus seiner Sicht zunehmenden Verlust an Grünflächen.

„Mit der Auto-Mobilisierung begann der Krieg gegen die Natur, immer mehr Grünflächen wurden versiegelt“, kritisiert er und zählt auf: Böllerts Höfe, Saarner Kuppe, Oemberg, Schultenberg, Mendener Straße, Gärtnerei Lohbeck, Stadtgärtnerei, Ruhrbania. Ein Ende ist für ihn nicht in Sicht: Tilsiter Straße, Schlippenweg, Otto-Pankok-Straße, Lönsweg. „Scheibchenweise geht immer mehr von dem verloren, was die Schönheit unserer Stadt ausmachte.“ Angesichts vieler Verkehrsprobleme bezeichnet er Mülheim inzwischen als „unwirtlich“ und fragt Richtung Politik: Wollen Sie dabei helfen, dass die Zersiedelung der Stadt-Landschaft so weitergeht?

Die Grünflächen stärker schützen

Sperlich plädiert für eine nachhaltige Politik, die auch dem Autoverkehr Einhalt gebietet. „Es ist ein Fehler von der Politik zu glauben, man könne den Individualverkehr regeln“, sagt der emeritierte Professor für Energie- und Umweltverfahrenstechnik gegenüber der WAZ. Er plädiert daher dafür, Autos wo möglich aus Stadtgebieten zu verdrängen und im Gegenzug den Öffentlichen Nahverkehr auszubauen, zu stärken. „Gleichzeitig müssen wir viel stärker unsere Grünflächen schützen“. Er wisse, das dies nicht kurzfristig möglich sei, aber kurzfristig könne damit begonnen werden.

Geht die Stadtpolitik zu sorglos mit dem Grün um? Der Vorsitzende des Planungsausschusses, Dieter Wiechering, glaubt dies nicht: „Für uns gilt nach wie vor, dass wir erst Innenräume verdichten, bevor wir Außenflächen für eine Bebauung nutzen.“ Nach wie vor sei über die Hälfte der Stadt Grünfläche, und dies, so Wiechering, soll auch so bleiben. Er betont wie der Vorsitzende des Umweltausschusses, Hubert Niehoff, dass Mülheim eine der ersten Großstädte mit einem Landschaftplan war, der Grüngebiete schütze. „Wir müssen auch diesen Plan als schützenswertes Gut ansehen“, fordert Niehoff und warnt davor, im Laufe der Jahre immer weitere Flächen daraus für eine Bebauung freizugeben, wie es aktuell etwa am Auberg geschehe.

Wer Grünflächen schützen wolle, müsse jede einzelne Fläche begutachten und auch die Zeitschiene ins Auge fassen, sagt Niehoff. Soll heißen: Es müsse verhindert werden, dass immer wieder Tabuzonen für Bauzwecke angeknabbert werden. Doch auch Niehoff hält nicht jede Kritik für berechtigt. „Überall, wo gebaut wird, gibt es auch Gegner – zum Teil mit sehr eigennützigen Interessen.“