Mülheim. Die Anwohner der Weseler Straße in Mülheim fühlen sich nicht mehr ernst genommen. Die ansässige Schrottverarbeitungsfirma möchte ihre Kapazitäten erweitern. Die Bezirksregierung prüft den Antrag bereits seit einem Jahr und verschiebt die Entscheidung immer wieder - für die Anwohner eine Katastrophe.
Wird die Firma Jost ihre Schrottverarbeitung an der Weseler Straße in Speldorf erweitern (dürfen)? Eine Verdopplung der Kapazitäten von derzeit 75 auf 150 Tonnen täglich wird als Ziel genannt. Anwohner sprechen in dem Fall von einer Katastrophe.
Seit über einem Jahr prüft die Bezirksregierung den Antrag auf Erweiterung und verschob die Entscheidung immer wieder: „Wir als Anwohner fühlen uns langsam nicht mehr ernst genommen“, empört sich Horst Buchmüller, ein Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative. Auf Anfrage der WAZ teilte die Bezirksregierung jetzt mit: „Es gibt noch keine Entscheidung über den Erweiterungsantrag. Aufgrund der Komplexität der Sachlage dauert die Prüfung noch an.“
Die Bürger, die im Umfeld der Anlage leben, können es kaum fassen. Mehrfach, so Buchmüller, sei ihnen eine Entscheidung bereits angekündigt gewesen. Auch von einer Ablehnung der Anträge zur Betriebserweiterung sei die Rede gewesen. Jetzt fürchtet man in Speldorf, dass am Ende doch alles anders kommen könnte. Die Anwohnerschaft hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet, der ihnen nicht nur Transparenz in dem Verfahren verschaffen soll, sondern auch durch Akteneinsicht klären soll, wann was auf der Anlage zur Schrottverarbeitung in der Vergangenheit genehmigt wurde.
Belastung durch Lärm und Staub
Seit Jahrzehnten gibt es Streit um die Auswirkungen der Schrottverarbeitung. Messwerte von Feinstäuben und Schwermetallen bilden immer wieder zum Teil dramatische Werte ab. Die Anwohnerschaft leidet zudem unter extremen Lärmbelastungen, die von der Zerkleinerung der Schrotteile ausgehen, und es gibt deutliche Erschütterungen im Umfeld. Spuren an den Häusern zeugen davon. Die verschärften Auflagen der Bezirksregierung setzt das Unternehmen Jost weitestgehend um, so wird die Luft immer wieder mit Wasser besprüht, um Feinstäube zu binden. Eine Einhausung von besonders belastenden Arbeitsschritten soll erfolgen. Aus Sicht der Bürger reicht es nicht.
In der Mülheimer Politik sieht man sich am Ende der eigenen Möglichkeiten. Eine vor bereits 20 Jahren im Rat beschlossene Verlagerung kam nie zustande, weshalb Lothar Reinhard von den Mülheimer Bürgerinitiativen hier noch einmal zu ernsthaften Gesprächen auffordert. Inzwischen, so berichten Speldorfer, habe das Schrottunternehmen auf dem Betriebsgelände die Ablagerung von Edelstahlschrott um 200 Meter verlagert. „So will man offensichtlich bessere Messwerte erreichen“, sagt Buchmüller. Auch würden die Messstellen gezielt mit Wasser besprüht, berichtet Reinhard. „Doch das ist keine Lösung zur Umweltgefährdung.“