Mülheim. . Teure Gutachten, zeitraubende Expertenanhörungen, kaum Fortschritte nach jahrelanger Diskussion über das ÖPNV-Angebot der Zukunft. Mancher in der Mülheimer Politik macht seinem Unmut Luft. Der SPD-Fraktionschef möchte für die endgültige Entscheidung über Bus und Bahn die Bürger ins Boot holen.

Wohin geht die Reise des Mülheimer Nahverkehrs? Die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) drücken es am deftigsten aus: „Ein derartig heilloses Durcheinander und unkoordiniertes Vorgehen wie bei dem Versuch einer ÖPNV-Optimierung in Mülheim trifft man nicht alle Tage an“, empört sich Fraktionschef Lothar Reinhard nach der Expertenanhörung, die viele Ratsmitglieder nicht als Fortschritt empfanden.

Die Anhörung sollte Argumente liefern, ob es sinnvoll sein könne, in Mülheim künftig mehr auf Busse statt auf die teure Straßenbahn zu setzen. „Es war schön zu hören, wie es mit Bussen in Hagen läuft oder auch in Aachen, aber für unser Mülheimer Problem war es keine Hilfe“, sagt der SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering. Er erwartet von der Stadtverwaltung eine Machbarkeitsstudie: Auf welcher Strecke, ab wann und zu welchen Kosten ist in Zukunft welches Verkehrsmittel möglich? „Und es muss eine Antwort auf die Frage geben: Wie gehen wir mit unseren unterirdischen Anlagen um?“

Plädoyer für den Umstieg auf mehr Busangebote

Fest steht nicht nur für den SPD-Mann: So wie bisher kann es im Mülheimer ÖPNV nicht weitergehen, der Jahr für Jahr mit 25 bis 30 Mio. Euro aus der leeren Stadtkasse unterstützt werden muss. Die Stadtspitze, vor allem der Kämmerer, plädiert für ein Umsteigen auf mehr Busangebote. Doch das ist längst nicht von heute auf morgen möglich: Konzessionsverträge reichen zum Teil bis 2025. Wiechering hält die Entscheidung über das Verkehrsangebot für die nächsten 20 Jahren für so bedeutsam, dass er für einen Ratsbürgerentscheid plädiert, wenn alle Fakten vorliegen.

Dass dies bald der Fall sein könnte, glaubt FDP-Fraktionschef Peter Beitz nicht. Für die FDP, die sich für einen Ausstieg aus der Schiene stark macht, war die Expertenanhörung reine Zeitverschwendung. Was der FDP auch noch fehlt, sind klare Ansagen der Bezirksregierung: Wird diese bei einem Umstieg von Schiene auf Bus Fördergelder zurückfordern?

Die Kommunahlwahl naht

Für Tim Giesbert, Fraktionssprecher der Grünen, haben die Experten deutlich gemacht, „dass die Schiene für Mülheim wichtig ist“. Giesbert hofft auf weitere konstruktive Gespräche, an dessen Ende eine gute Lösung für Bürger steht.

Ob ein Nahverkehrsplan noch in diesem Jahr zustande kommt, und das mit deutlich weniger Miesen als bisher, gilt als unsicher. Auch weil die Kommunalwahl naht. Konflikte mit Bürgern will da keiner wagen. Die MBI sprechen bereits von einem dreijährigen Trauerspiel um die ÖPNV-Zukunft. Sinnvoller als eine Expertenanhörung, so Reinhard, wäre es gewesen, die Diskussion mit Vertretern von DVG, EVAG und Stoag zu führen, um endlich den Trugschluss zu beenden, dass Mülheim mitten im Ruhrgebiet völlig eigenständig Bahnlinien oder Teilstücke stilllegen könne. Das gehe nur gemeinsam. „Genau daran hakt es.“