Mülheim. .

„Ein Mann, der keine Frau hat, vergreift sich an Kindern.“ Diese Ansicht pflegen viele Kinder wie auch Erwachsene, wenn es darum geht, die Beweggründe für einen sexuellen Übergriff auf Minderjährige zu erklären. „Diese Annahme ist völlig falsch“, erklärt Awo-Mitarbeiterin Nadia Heming während eines Elternabends zum Start der Ausstellung „Echt Klasse!“ in der katholischen Grundschule Styrum.

„Sexuelle Übergriffe auf Kinder haben keinen sexuellen, sondern einen machtpsychologischen Ursprung“, stellt Heming richtig. Es gehe dem Täter dabei um Machtdemonstration und eine Instrumentalisierung des Opfers. Um ihre erschreckenden Ausführungen zu verdeutlichen, drückt Heming sie in Zahlen aus: 98 Prozent aller Opfer kennen ihren Täter, 80 Prozent sogar aus dem näheren Bekanntenkreis. Oftmals kommt es in der Familie, im Verein oder der Nachbarschaft zu Übergriffen. Die Dunkelziffer ist mit etwa 1:20 zu quotieren.

All diese abstrakten Informationen bekommen die Kinder nicht. Die Erst- bis Viertklässler sollen an sechs Stationen eines Parcours erlenen, welche Berührungen angebracht und welche unpassend sind, welche Geheimnisse bewahrt werden sollen und welche besser nicht. „Kinder sollen lernen, Probleme anzusprechen. Die Ich-Stärkung ist dabei ein besonders wichtiger Aspekt“, sagt Schulleiterin Maria Reimann während einer Führung durch den Parcours und fügt hinzu: „Wir müssen die Wahrnehmung der Kinder stärken, da die Gesellschaft immer unübersichtlicher wird.“

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Zu Höchstleistung angespornt

Auf dem Parcours können die Kinder zum Beispiel ihren Kopf in eine Kastenöffnung stecken und laut „Nein!“ rufen oder besser noch: schreien. Ein Dezibelmessgerät zeigt dabei die Lautstärke, spornt die Kinder zu Höchstleistungen an. An einem anderen Themenkasten werden Geschichten vorgelesen, die Kinder sollen diese dann einer glücklichen oder traurigen Sonne zuordnen. Je nach Empfindung.

Der ehemalige Lehrer und jetzige Projektleiter Alfred Seidensticker kann auch traurige Erfolge vorweisen: „Die Ausstellung war schon in vielen Schulen. Dabei gab es auch betroffene Kinder, die sich aufgrund dessen gemeldet haben.“ Die Kinder sollen die Stationen auf dem Parcours nicht nur visuell wahrnehmen, sondern auch ausprobieren. Darauf bereiten sie ihre Klassenlehrer vor, die selbst eine Fortbildung zu diesem Thema erfahren.