Mülheim.

Bei der Jugend haben Gewerkschaften nicht immer das allerbeste Image. Jungen Menschen gelten sie als „bürokratisch“, gar als „verknöchert“, weiß Henrike Greven, Bezirksgeschäftsführerin bei Verdi in Mülheim und Oberhausen. Das Verdi-Projekt „U 35“ soll Teens und Twens vom Gegenteil überzeugen. Zudem setze man künftig verstärkt aufs Internet, so Greven, werde vielleicht eine App entwickeln und bei Facebook mitmischen. Passend zur angestrebten Verjüngungskur gab’s am Freitag die Nachricht, dass im Mülheimer Bezirk eine 22-jährige Kollegin angefangen hat, die sich um die Belange von Azubis kümmert. Neben dieser Kollegin, Kim Marquard, gehören ab sofort Marie-Christin Blomeyer (32) und Björn Jadzinski (28) zum Team vor Ort.

„Damit sind wir endlich vollständig“, freut sich die Chefin. Die drei Neuzugänge komplettieren Grevens Mannschaft, zu der nun zwölf Männer und Frauen in Voll- bzw. Teilzeit zählen. Sie sind zuständig für 15.000 Mitglieder, von denen 7000 Mülheimer sind. Die Zahlen sind übrigens rückläufig; 2013 werde man etwa zwei Prozent der Mitglieder verlieren, schätzt Greven.

Anzahl der Betriebräte erschreckend

Heiße Themen sind weiterhin die mauen Kommunalfinanzen, außerdem die 2014 anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst sowie die Betriebsratswahlen. „Ich bin oft fassungslos, an wie vielen Stellen es immer noch keinen Betriebsrat gibt.“

Zurück zum Thema junge Generation: Gerade mal 30 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder sind unter 35, schätzt Greven. „Dabei ist klar: Wenn wir unser ihrer Sache annehmen, dann begeistern wir sie auch für uns.“ Themen seien zum Beispiel die Übernahme nach der Ausbildung oder befristete Verträge.

Kontakte knüpfen auch in Diskos

Kim Marquard reist derzeit durch Betriebe in Mülheim und Oberhausen und spricht mit den Jugendlichen. Die gelernte Bürokauffrau setzt dabei auf eine spezielle, „eher dynamische“ Ansprache und auf „pfiffige Ideen wie interaktive Spiele oder Comics“. Künftig wolle sie auch in Berufsschulen, in Kneipen und in Diskos Kontakte knüpfen, kündigte die 22-Jährige gestern an.

Um Kontakte geht es auch Juristin Marie-Christin Blomeyer, und zwar um möglichst frühzeitige. Sie ist ab sofort zuständig für den Rechtsschutz im Mülheimer Hause Verdi. Und wer ihren Rat braucht, solle sich melden, bevor ein rechtlich relevanter Schritt vollzogen ist, also beispielsweise vor Unterzeichnung eines Vertrages. „Sonst kann ich oft auch nicht mehr viel tun“, warnt Blomeyer, die sich vor allem für verunsicherte Arbeitnehmer einsetzt. Denn: „Arbeitgebern in den Hintern zu treten, das macht Spaß.“

Björn Jadzinski ist zuständig für den Bereich Gesundheit, Wohlfahrt und Kirchen. Beschäftigt ist er zum Beispiel mit den oftmals brutalen Bedingungen bei ambulanten Pflegediensten – „für einen Krankenschein werden Urlaubstage abgezogen“ – oder mit dem umstrittenen kirchlichen Arbeitsrecht. Da er in den letzten Zügen seines Wirtschaftsrechts-Studiums steckt, hat er zuerst nur eine 50-Prozent-Stelle.