Mülheim-Styrum. .
Es ist die Art, wie Papst Franziskus auf die Menschen zugeht, die Manuel Santin begeistert. Der Mülheimer (23) hat im Juli am Weltjugendtag in Rio de Janeiro teilgenommen und er hat ein Kirchen-Oberhaupt erlebt, das „näher bei den Jugendlichen ist, als Benedikt es je war“ und das sich „trotz straffem Zeitplan viel Zeit genommen hat“. Frei nach dem ungeschriebenen brasilianischen Gesetz: Dann wird’s eben ein Stündchen später. . .
Köln 2005, Sydney 2008, Rio 2013: Manuel ist ein alter Hase in Sachen Weltjugendtag. Mit gerade 15 erlebte er in seiner Heimatgemeinde St. Mariae Rosenkranz eine Gruppe junger Katholiken aus Neukaledonien, einer Inselgruppe im südlichen Pazifik. Sie wollten Benedikt XVI. in Köln sehen. Dass sich Christen unterschiedlichster Nationen kennen lernen und zusammen ein riesiges Fest feiern, das fasziniert ihn seither an dem Großereignis.
Und nicht nur ihn: Fast jeder Teilnehmer am Weltjugendtag versuche, so viele internationale Souvenirs wie möglich zu ergattern, erzählt Manuel. Er zum Beispiel habe in Rio seinen „deutschen Hut“ abgegeben und sich im Gegenzug eine Sonnenbrille aus Italien und ein Schiffchen aus Sri Lanka gesichert.
Gläubige feiern an der Copacabana
Neben den Andenken bleiben dem Einzelhandelskaufmann die Bilder im Kopf. Zum Beispiel das Bild vom Abschlussgottesdienst, als er mit knapp vier Millionen Gläubigen an der Copacabana in friedlicher Atmosphäre feierte – und der Papst in nur einem Meter Abstand an ihm vorbeifuhr. Aber auch das von der Essensausgabe, die aus Angst vor Überfällen von schwer bewaffneten Soldaten bewacht werden musste. Oder das von dem Kriminellen, der Manuel und seine Mitstreiter bei einem sozialen Einsatz in einem Kindergarten einer Favela mit dem Gewehr bedrohte. Sie sollten in seinem (Drogen-)Bezirk keine Fotos mehr machen, lautete die Ansage.
„Man war insgesamt nicht so entspannt“, so der 23-Jährige, „man konnte sich nicht frei bewegen.“ Den krassen Gegensatz von Arm und Reich und die allgegenwärtige Kriminalität habe er so nicht erwartet: „Ich habe es mir ruhiger vorgestellt.“ Dabei waren Manuel und die anderen rund 45 Teilnehmer aus dem Bistum Essen nicht unvorbereitet angereist: Zwei Priester, die Brasilien kannten, berichteten von ihren Erfahrungen. Und ein jeder Mitfahrer musste ein Referat halten, etwa über die sozialen Spannungen in dem lateinamerikanischen Land.
Manch krasse Erfahrung hat der Mülheimer also gesammelt – ganz anders als damals im beschaulichen Sydney. Doch wenn er nun sonntags im Gottesdienst sitzt, denkt er vor allem an eines: „Daran wie laut und fröhlich es dort oft zuging, und wie viele Menschen in die Kirche strömen. Das würde ich mir auch für uns wünschen.“ Und noch eine Botschaft hat er abgespeichert: „Der Papst sagt, dass wir alle die Kirche sind. Und wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir es angehen.“
„Dankbar für die Armutssignale“
Norbert Dudek, Pastor der Gemeinde St. Mariae Rosenkranz und Stadtjugendseelsorger, war in diesem Jahr zwar nicht selbst beim Weltjugendtag, doch er hat genau hingehört, was der Papst vermittelt. Auch der 44-Jährige ist angetan von der Art, wie er mit Menschen umgeht, von „der unkomplizierten Nähe“. Außerdem ist Dudek „dankbar für die Armutssignale, die er sendet“. Papst Franziskus mache immer wieder deutlich, dass alle Menschen gleich sind. Für Dudek als Pastor in Styrum – „wir sind hier ja nicht in Saarn“ – ein tägliches Thema: „Wir versuchen den Leuten zu helfen, so gut es geht. Wir brauchen keine Hilfsprojekte in Kolumbien – wir haben die Armut vor der Tür.“
Pastor Dudek wird amSonntag verabschiedet
Der nächste Weltjugendtag findet 2016 in Polen statt. Pastor Norbert Dudek wird dann längst nicht mehr zur Gemeinde St. Mariae Rosenkranz gehören; er ist abberufen worden, wird Pfarrer in Schwelm. Das bedauern viele Styrumer, darunter etliche Jugendliche: Dudek ist auch Stadtjugendseelsorger, und diese Aufgabe gibt es künftig nicht mehr.
Verabschiedet wird Dudek am Sonntag, 15. September, 11.15 Uhr, in St. Mariae Rosenkranz. Gemeindereferentin Sigrid Geiger und Pastor Constant Leke folgen ihm in der Gemeinde nach.