Cristo Redentor trägt Andrea Lohe an einem Silberkettchen um den Hals. Der kleine Anhänger ist für die 27-Jährige mehr als ein simples Mitbringsel aus Rio de Janeiro. Sicher, er ist ein Abbild des Wahrzeichens, das über der brasilianischen Metropole thront. Aber mit diesem Christus, dem Erlöser in Mini-Format, sind Glauben und Erinnerungen verknüpft, die Andrea Lohe und ihrer gleichaltrigen Freundin Nora Nowara wertvoll sind: Erinnerungen an den Weltjugendtag in Rio, als die beiden Freundinnen – mit Millionen anderer Katholiken – Papst Franziskus live erleben konnten.
Die 27-Jährigen kennen sich aus Kindertagen, gehören der Gemeinde St. Johannes an. Für Nora Nowara, Fachangestellte für Medien- und Informationsdienst an der Uni-Bibliothek Essen, war sonnenklar: Sie wollte den Weltjugendtag in Rio de Janeiro miterleben; bei seinem Pendant auf deutschem Boden, im Jahr 2005 in Köln, befand sich die Gladbeckerin ebenfalls in der Menge von Gläubigen. Freundin Andrea, die als Grundschullehrerin unter anderem Katholische Religion unterrichtet, ließ sich nicht lange bitten und sagte zu. Am 14. Juli stiegen die Gladbeckerinnen in den Flieger gen Brasilien. Eine Gruppe von 46 Leuten reiste vom Bistum Essen aus nach Rio. Drei Wochen waren die Freundinnen, des Portugiesischen nicht mächtig, an den Orten des Geschehens. Sie halfen bei Renovierungsarbeiten in einem Kindergarten, staunten über die Herzlichkeit der Einheimischen und waren erschrocken über ärmliche Zustände: Wände voller Schimmel, offene Kabel im Innenhof eines Kindergartens – in Deutschland undenkbar.
Die Gladbeckerinnen genossen die Gemeinschaft mit so vielen Gläubigen aus aller Welt – und drängten sich auf der Copacabana, als Papst Franziskus die Abschluss-Messe zelebrierte. „Beim Eröffnungsgottesdienst waren wir relativ weit vorne“, erzählt Nora Nowara. Zum Abschluss hätten sie an dem überfüllten Strand ein Plätzchen im letzten Abschnitt gefunden. Anweisungen, wo wer stehen konnte, habe es nicht gegeben: „Wer eine Stelle gefunden hatte, breitete ein Strandtuch aus und hockte sich hin.“
Per Leinwand sei der Papst gut sichtbar gewesen. Was sie von ihm halten? Beide schweigen, suchen nach Worten. „Sympathisch“, fällt den Pilgerinnen ein, und „offen“, nicht so konservativ wie sie dachten. Sie glauben, dass er einiges bewegen kann. „Er begibt sich auf eine Ebene mit jedem einzelnen Menschen“, sagt Lohe, die sehr beeindruckt davon ist, wie der Papst aus seinem Fahrzeug stieg, um Kinder zu segnen.
Die Koffer sind gerade ausgepackt, die Bilder im Kopf frisch. „Da ist noch sehr viel, was wir für uns verarbeiten müssen“, sagen die Freundinnen. Und doch sind sie jetzt schon davon überzeugt, dass sie viel mehr als Souvenirs – die landestypischen Havaianas (Flip Flops), ein Strandtuch mit brasilianischer Flagge, eine bemalte Kachel – mit nach Hause gebracht haben. „Im Austausch in der Gruppe haben wir über religiöse Themen gesprochen, und ich habe viel über meinen eigenen Glauben reflektiert“, sagt Andrea Lohe. Sie ist sicher, dass sie einige (Er-)Kenntnisse beruflich im Klassenzimmer einbringen kann.
Nachdenklich sagt Nora Nowara: „Wir nehmen hier alles zu selbstverständlich. Wir haben verlernt, dankbar zu sein dafür, dass wir so leben dürfen, wie wir leben.“ Sie hat sich vorgenommen, auch die kleinen Dinge mehr wertzuschätzen – und sei es das Frühstücksbrötchen am Sonntag. Der Weltjugendtag habe ihr gezeigt, „dass es schön ist, zu glauben“.