Mülheim. .
Eine Stadt wird zur Hochburg des Lichts, denn eine Woche nach dem Freilichtfestival an der Dimbeck stand erneut Lichtkunst auf dem Kunst- und Kulturprogramm.
Im Ringlokschuppen nutzten am Freitag und Samstag über 100 Künstler die Möglichkeit, ihre Werke beim Shiny Toys Festival zu präsentieren. Das Festival für audiovisuelle Experimente machte seinem Namen alle Ehre, deckten die Kreativen aus aller Welt doch ein weites künstlerisches Spektrum ab und bewiesen, dass ihre Ideen mehr sind als nur leuchtende Spielzeuge, wie der Festivalname auf Deutsch übersetzt suggerieren könnte.
Doch bevor es zu den visuellen und auditiven Experimenten kam, nutzten die zahlreichen Besucher die zweigeteilte Ausstellung Wunderkammer, um sich dort einen ersten Eindruck zu verschaffen. Teils wie eine Einführung in die kommenden Vorführungen, Konzerte und Lichtinstallationen anmutend, gab die erste Hälfte einen historischen Überblick über die Lichtkunst. In der zweiten Hälfte wurden moderne analoge und digitale Installationen meist einheimischer Künstler dargeboten. Als beliebtes Instrument kristallisierte sich der in den meisten Bereichen des Alltags mittlerweile in Vergessenheit geratene Tageslichtprojektor heraus.
Ein mit Licht malender Roboter
Darunter auch die minimalistische Installation Prickbot von Ralf Schreiber. Auf einem Projektor steht ein kleiner, von Sonnenlicht angetriebener Roboter. Über ihn ist eine Schicht Alufolie gespannt, die kein Licht des Projektors durchlässt. „Etwa zweimal pro Minute ist der Roboter durch das Licht aufgeladen“, erklärt eine der Mitarbeiterinnen einem Gast auf Englisch, „dann bewegt er sich willkürlich ein paar Zentimeter und führt mit der Nadel eine Stechbewegung durch das Aluminium aus.“ Über einen Zeitraum von Stunden kommen so einige Löcher in der Aluschicht zustande, das Licht kann fließen, der Roboter malt mit Licht und Schatten. Die Arbeit ist simpel strukturiert, das Ergebnis eindrucksvoll.
Im Saal gibt das Trio Berzirk/Langfeld/Steins ihre Improvisationskunst radio aporee::: maps+live zum Besten. Über einen Videobeamer wird ein riesiges Computerbild auf eine Leinwand geworfen. Mittels Google Earth werden Landkartenausschnitte aus aller Welt gezeigt. Dazugehörige Audiotöne sind zu hören, Momentaufnahmen der abgebildeten Orte. Auf experimentelle Weise begleiten sie die vorgestellten Ortschaften mit der Klarinette und dem Cello, Steins addiert elektrische Klänge und Geräusche. „Ich fand den Auftritt sehr interessant“, sagt Sandra Heuberg, die das Festival erstmals besucht, relativiert aber: „Natürlich muss man sich aber auf diese sehr spezielle Art der Darbietung einlassen können.“
Camera Obscura war krönender Abschluss
Neben all den ausgefallenen Experimenten und extravaganten Auftritten beim Shiny Toys-Festival bot die begleitende Ausstellung Wunderkammer im Ringlokschuppen eine Reise durch die Geschichte der Lichtkunst. Erste Gehversuche auf dem Gebiet der Projektion werden bis ins 17. Jahrhundert zurückdatiert.
So die 1646 von dem deutschen Jesuitenpriester Athanasius Kircher veröffentlichte Abhandlung Ars magna lucis et umbrae (Die Kunst des Lichtes und der Schatten) und die daraus resultierende Laterna Magica, die als Ursprung der Projektion gilt.
Als weitere Meilensteine wurden Laternenbilder und Phantasmagorien des 18. Jahrhunderts aus- und vorgestellt sowie das chinesische Schattentheater, mit dem bereits seit dem Jahr 1000 im Reich der Mitte für Unterhaltung gesorgt wurde.
Bei all diesen historischen Ecksteinen lag es natürlich nahe, die ständige Ausstellung der Camera Obscura zur Frühgeschichte des Films im benachbarten Broicher Wasserturm ebenfalls ins Programm der Shiny Toys aufzunehmen. Dort konnten die Besucher die Geschichte der Lichtkunst zu einem gelungenen Abschluss bringen.