Mülheim. .
Vom Balkon seiner hellen und lichten Wohnung an der Ruhrpromenade blickt Professor Dr. Christoph Brockhaus auf den Fluss und die Stadthalle. Im Januar zog der ehemalige Direktor des Duisburger Lehmbruck Museums nach Mülheim, wobei der Kosmopolit gerade das kulturelle Fahrwasser in seiner neuen Heimatstadt auslotet.
Im Laufe Ihres Lebens sind Sie in der Welt herumgekommen. 25 Jahre haben Sie das Lehmbruck Museum geleitet, vergrößert, zu einem Haus von Rang entwickelt und sind der Stadt Duisburg verbunden. Warum fiel die Entscheidung auf Mülheim?
Professor Dr. Christoph Brockhaus: Man hat viele Freunde in der Region, viele Aufgaben und ehrenamtliche Tätigkeiten in NRW. Dann war der Wunsch da, Natur und Stadt zusammenzubringen. Und mich hat die Grundidee fasziniert: Wohn- und Bürobebauung und die Fachhochschule an die Ruhr zu bekommen. Städtebaulich habe ich mir gedacht: Das Leben in der Innenstadt hätte sich schlagartig verändert, wenn die Fachhochschule an die Ruhr gekommen wäre. Ich bedauere sehr, dass die Fachhochschule nun nach Broich gewandert ist.
Was macht Mülheim kulturell aus?
Brockhaus: Mülheim guckt ja immer mit einem Auge nach Duisburg, mit dem anderen Auge nach Essen und mit dem kleinen Auge vielleicht noch nach Oberhausen. Also, die Nachbarstädte sind im Bewusstsein der Mülheimer existent. Was ich sehr begrüße ist, dass es sehr interessante kleine Museen gibt – sieben an der Zahl. Und ich habe bis auf das Tersteegen-Haus und das Unternehmer-Museum alle gesehen. Es ist im Kontext der Museumslandschaft interessant, dass es in einer Stadt, die sich so sehr mit Wasserwirtschaft beschäftigt, ein Aquarius gibt. Ziemlich einzigartig ist die Camera Obscura. Das Kunstmuseum ist bescheiden, aber auch bescheiden ausgestattet. Aber überall sind sehr, sehr engagierte Leute. Man wünschte sich, dass die öffentliche Hand ein bisschen draufsatteln würde.
Wie sehen Sie die Kulturförderung?
Brockhaus: Man muss darauf achten, dass die Balance zwischen öffentlichen Mitteln und privaten Spendern erhalten bleibt. Die Kultur darf nicht auf das Private abgedrückt werden. Das kann’s doch nicht sein. Aber ich sehe es zunehmend. Im positiven Fall nennt man das Public-Private-Partnership und es funktioniert. Auch die Überführung in Stiftungen – das alles geht. Aber man muss es mit Sinn für die gemeinsame Verantwortlichkeit tun. Insgesamt wünschte ich mir, dass die öffentliche Hand für die Kultur in Mülheim ein bisschen mehr Geld gibt.
Sie haben Duisburg zur Stadt der modernen Skulptur gemacht. Wie sehen Sie die Kunst im öffentlichen Raum in Mülheim?
Brockhaus: Das ist sicherlich ein großer Schwachpunkt und es gab hier auch keine Kommission für Kunst im öffentlichen Raum. Wir hatten in den Großstädten bis in die 80er Jahre hinein Kommissionen. Damals, das waren die Wiederaufbau-Jahrzehnte. Wenn die öffentliche Hand baute, dann gab es auch Kunst im öffentlichen Raum oder Kunst am Bau. Und plötzlich hat die öffentliche Hand das Bauen den Investoren überlassen. Und die Kommissionen haben sich aufgelöst. In Mülheim wurde politisch entschieden: Hier kommt dies und dort jenes Kunstwerk hin. Das hat weder Programm noch Konzept. Jetzt kommen die Probleme, weil öffentliche Gebäude verkauft oder vermietet werden und Nutzungen wechseln. Es stellen sich Fragen: Was passiert mit der Kunst? Wer ist zuständig?
Was müsste passieren?
Brockhaus: Alle Bereiche des öffentlichen Lebens werden professionell betreut. Und Kunst im öffentlichen Raum ist eine der ältesten Künste. Und natürlich gehört es dazu, dass es sowohl eine Kommission, als auch eine professionelle Betreuung dafür gibt, sonst vergammeln die Werke. Das kostet natürlich ein bisschen Geld. Ich finde es sehr schön, dass Dr. Ribbrock (stellv. Museumsleiter) Rundgänge anbietet. Dadurch wird dieser Kunst Aufmerksamkeit zuteil. Und damit fängt es an. Wir müssen etwas dafür tun, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und Verantwortung dafür zu übernehmen.