Mülheim. . Für 35.000 Euro hat die Stadt Mülheim kürzlich den Hajek-Brunnen auf dem Synagogenplatz saniert. Doch die meisten der Kunstwerke im öffentlichen Raum in Mülheim verrotten vor sich hin. Immerhin: die Stadt weiß, wieviele derartige Kunstwerke sie überhaupt hat.
Sind die bunte Streifenbrücke über den Dickswall von Will Brands, die Granitkugel von Ernst Rasche auf der Schloßstraße oder die Skulptur „Lebensfreude“ mit den drei Grazien auf der Schloßbrücke von Heinrich Adolphs sehr augenfällig, so hasten wir an vielen Kunstwerken im öffentlichen Raum vorbei, ohne sie bewusst wahrzunehmen.
Wie die farbenfrohen Keramik-Wandbilder mit den Mülheim-Ansichten von Daniel Traub am Hauptbahnhof oder der filigrane, fast durchsichtige Brunnen namens „Regenbaum“ von Otto-Georg Liebsch vor dem Forum-Eingang. Ob Glasfenster in Schulen, kunstvoll gestaltete Türrahmen oder Wandbilder auf Häusern: Das gesamte Stadtgebiet ist voll damit. 240 Kunstwerke im öffentlichen Raum sind katalogisiert. Aber immer wieder gibt es Verluste zu beklagen, Werke, die verrostet, zerstört oder gestohlen wurden.
Kunstwerke verschwinden sang- und klanglos
Die gute Botschaft: Der Hajek-Brunnen auf dem Synagogenplatz erstrahlt im frischem Glanz, er wurde kürzlich vom Tiefbauamt für 35.000 Euro generalüberholt. Wenngleich der Bogenschütze und die Flora gerettet werden konnten, sind andere bereits in Vergessenheit geraten. Und es werden wieder Kunstwerke sang- und klanglos aus dem Stadtgebiet verschwinden, wenn sich nicht bald etwas tut.
Sie verrotten, verwahrlosen, gammeln langsam vor sich hin. Wie die zum Dreieck angelegten Holzbalken an der Mauer von Schloß Broich. Die Arbeit „130 Grad“ aus dem Jahr 1982 stammt von Peter Könitz. Wind und Wetter ausgesetzt, ist das Holz im Laufe der Jahre brüchig geworden, verwittert und teils sogar abgefault. Was die Sanierung betrifft, „steht dieses Werk ganz weit vorn“, sagt Dr. Gerhard Ribbrock. Der stellvertretende Museumsleiter weiß, dass es in der Müga wie überall im Stadtgebiet Arbeiten gibt, die „erneuerungsbedürftig sind und saniert werden müssten“.
„Es gibt keinen Etat dafür“
Doch unter dem Sparzwang der Stadt – wer soll für die Pflege und Erhaltung bezahlen? „Es gibt keinen Etat dafür“, bedauert Ribbrock. Während sich das Museum um die Kunstvermittlung bemüht, ist die Kunst im öffentlichen Raum beim Immobilien-Service angesiedelt. Die Brunnen liegen in der Verantwortung des Tiefbauamtes.
Die Skulpturenwiese am Schloß Broich hat die Mülheimer Stadtmarketinggesellschaft MST im Rahmen des Erbpachtvertrages aus Müga-Zeiten übernommen. Wer für diese Werke zuständig ist, „das ist eine schwierige Frage“, sagt Geschäftsführerin Inge Kammerichs. Aber am Ende ginge es schließlich um Kunst im öffentlichen Raum. „Ich habe überhaupt keine Mittel, um Kunstwerke zu erhalten.“ Die Pflege der Müga sei bei der Stadt angesiedelt. Schließlich ächze man schon unter den Kosten der Schloss-Sanierung.
Als Kunst gar nicht mehr wahrgenommen
Abgesehen von der „geerbten Kunst“ im Skulpturenpark am Schloß Broich hat sich die MST selbst Werke im Rahmen der Ruhrperlen zugelegt. Wie die Rostlaube auf der Wiese an der Außenmauer – eine Auftragsarbeit nach der Idee von Prof. Dr. Hans-Hermann Hofstadt. Der Düsseldorfer Architekt hat die Camera Obscura mitgeplant.
Während die Laube geplante Patina angesetzt hat, vergammeln die anderen Arbeiten zusehends in der Müga, manche werden als Kunst erst gar nicht wahrgenommen. Das „Haus des Schwans“ von Wolfgang Liesen ist mit Graffiti verschmiert, ebenso die „Drei Quadrate“ von Diethelm Koch, die sich wie umgekippte Flächen in die Wiese bohren, und wild mit Farbe besprüht sind. Sicher könne man die Kunstwerke von Graffiti befreien, sagt Dr. Gerhard Ribbrock. „Aber mit einmal ist das nicht getan, die sehen in zwei Tagen wieder genauso aus.“ Selbst Sprayern scheint die Kunst im öffentlichen Raum nichts wert zu sein.