Mülheim. .

Was Rudi Lickfeld zu Wege gebracht hat, ist im geltenden Tarifvertrag gar nicht mehr vorgesehen, und von seinen Mülheimer Kollegen wird es auch kein weiterer erreichen: Seit 50 Jahren arbeitet er bei der Sparkasse Mülheim.

Als Stichtag gilt schon der 1. April 1963, denn damals ging das Ausbildungsjahr im Frühling los. Mit dem Volksschulabschluss in der Tasche, den er an der Bruchstraße erworben hatte, wurde aus dem Mülheimer Jungen ein „Sparkassenlehrling“, wie man sagte. Praktisch, dass sein Konfirmationsanzug noch passte und als Grundstock für die formelle Arbeitskleidung dienen konnte. „Dafür musste man anfangs schon etwas ausgeben.“

Fußball spielte eine Rolle

Rudi Lickfeld erinnert sich: „Am 15. April 1963 habe ich zum ersten Mal Geld bekommen. 120 Mark.“ Miete für die eigene Wohnung musste er davon noch lange nicht bezahlen. Denn erst Mitte der siebziger Jahre, mit der Heirat, zog er von zu Hause aus.

Flachsende Kollegen mutmaßen, bei der Einstellung des 14-Jährigen habe auch seine Fußballbegeisterung eine Rolle gespielt, die er mit dem damaligen Personalchef teilte. Wie auch immer: Rudi Lickfeld wurde sogleich in der Sparkassen-Sportgemeinschaft aktiv, deren Kicker immer froh waren, wenn sie eine komplette Elf zusammen bekamen. „Wir haben dann den Giropokal geholt.“ In dieser Hinsicht berührten sich bei ihm Beruf und Freizeit: Lickfeld, der vier Jahrzehnte selber aktiv kickte, fungiert seit langem ehrenamtlich als Geschäftsführer des RSV Mülheim.

Mit 17 hatte er seine Sparkassenlehre erfolgreich abgeschlossen und machte auf seiner ersten Stelle, in der Giroabteilung, eine völlig andere Erfahrung als auf dem Fußballfeld: Er sah sich von einem überwiegend weiblich besetzten Team umgeben. „In unserer Abteilung waren wir zwei Männer und 40 bis 50 Frauen. Die meisten haben geraucht. Dicke Luft gab es nicht, da wurde einfach das Fenster geöffnet.“ Die Mitarbeiterinnen waren überwiegend ungelernte Kräfte, „Locherinnen“, deren Tagwerk darin bestand, Daten auf Lochkarten zu übertragen.

Von der Schreibmaschine zum PC

Computer machten sich in den Büros erst Anfang der 90er Jahre breit, nachdem die Hauptstelle vom Viktoria- an den Berliner Platz umgezogen war. „Ich bin keine großer PC-Experte“, sagt der 64-Jährige, „aber ich komme damit zurecht. Es geht auch gar nicht mehr anders.“ Für spezielle Fälle hat er in seinem Büro bis heute eine elektrische Schreibmaschine stehen.

Lickfeld wechselte später in die Filialen Heißen und Saarn, seit der Jahrtausendwende ist er in der Revision tätig, wo er seine Sparkassenlaufbahn am 31. Januar 2014 auch beenden wird: „Länger darf ich nicht.“ Zum 50-Jährigen bekam Rudi Lickfeld außer der Gratulation auch eine Gratifikation, über deren Höhe allerdings beide Seiten schweigen. Jedenfalls war sie frei vereinbart, denn der geltende Tarifvertrag sieht nur Jubiläumsgelder zum 25-jährigen und zum 40-jährigen Dienstjubiläum vor. Ein halbes Jahrhundert beim selben Arbeitgeber hat heute Seltenheitswert.

Ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiern am 1. August drei weitere treue Mitarbeiter. Insgesamt beschäftigt die Sparkasse Mülheim knapp 500 Leute.

24 neue Azubis beginnen am 1. September ihre Ausbildung. Im Vorjahr waren es 18; aufgrund des doppelten Abiturjahrganges wurde die Zahl nun erhöht. Die meisten der angehenden Bankkaufleute sind Abiturienten, in Einzelfällen wurden aber auch Bewerber mit Fachabitur oder Mittlerer Reife genommen.