Mülheim. .

Diamantene Hochzeit: So heißt das Fest, zu dem Johann und Anna Schneider ihre Lieben demnächst einladen werden. Kurzentschlossen schritten sie am 11. Juli 1953 zur standesamtlichen Vermählung. „Das Wohnungsamt wollte unsere Räume beschlagnahmen“, erinnert sich Johann Schneider. In der Wiederaufbauzeit waren Unterkünfte knapp. Dank Trauschein blieb dem jungen Paar Annas Elternhaus am Buchenberg in Gänze erhalten.

Noch heute, als 81-Jährige, können sie darüber glücklich sein. Die Schneiders wohnen „in einem alten Kotten“, wie sie selber scherzhaft sagen, der seit über 200 Jahren steht, im Grünen, fast verwunschen, citynah und zugleich mitten im Wald. Sogar einen Fuchsbau haben sie im Garten. Anna Schneider wuchs hier in Dümpten auf, ihr Mann zog aus Essen-Schönebeck zu.

Gut funktionierende Patchwork-Familie

Kennengelernt haben sie sich auf der Silberhochzeit eines anderen Paares: ihrer Tante und seines Onkels. Und so eilig sie es mit der Heirat hatten, ihr einziger Sohn wurde erst drei Jahre später geboren. „Wir haben zwei Kinder gleichzeitig bekommen.“ Denn mit dem Baby zog zugleich Annas kleiner Bruder ins Haus, der zwölf Jahre jünger ist als sie. Die Mutter war da schon länger verstorben, nun auch der Vater: „Wir wollten nicht, dass er ins Waisenhaus kam.“ Die Patchwork-Familie hat offenbar gut funktioniert.

Während Johann Schneider, gelernter Autoschlosser, bei der Friedrich-Wilhelms-Hütte beschäftigt war, arbeitete Anna Schneider in der städtischen Buchhaltung. Auch ehrenamtlich engagierte sie sich: „Meine Frau war 34 Jahre lang Schiedsfrau“, berichtet der Gatte. „Wenn besonders schwere Fälle kamen, bin ich immer in Rufnähe geblieben. Aber es ist nur einmal passiert, dass jemand randaliert hat.“ Die frühere Schiedsfrau sagt nur: „Ich könnte ein Buch schreiben.“

Familienfest zur Diamanthochzeit

Vielleicht auch über ihre gemeinsamen Reisen. Die Tour zur Silberhochzeit führte per Schiff nach Spitzbergen. Zur Goldenen wollten die Schneiders dieses Erlebnis wiederholen, jedoch: „Auf dem Weg nach Island hat es fürchterlich gerummst. Vielleicht durch ein untergetauchtes U-Boot.“ Ihr Schiff war beschädigt, drei Tage hingen sie vor Island fest, dann ging es zurück. Mit der Diamanthochzeit sind nun keine konkreten Reisepläne verbunden, ein Familienfest soll es werden, zu dem auch die Enkelin kommt.

Seit 60 Jahren sind die Schneiders auch ihrer Zeitung treu verbunden: „Seit wir verheiratet sind, haben wir die WAZ abonniert. Ununterbrochen.“ Dass Anna Schneider auf einem Auge erblindet ist und auch auf dem anderen nur noch schwach sieht, steht der täglichen Lektüre nicht im Wege: Er liest ihr vor.