Mülheim.

Archivnutzer sind Saisonarbeiter: Wenn draußen die Sonne scheint, haben nur wenige Lust, drinnen in alten Dokumenten zu blättern. So sind die Temperaturen jenseits der 30 Grad, die an diesem Dienstagvormittag Mülheim schwitzen lassen, ein Grund für den leeren Leseraum im Stadtarchiv.

Ein anderer ist wohl der nahende Umzug. Dies ist die letzte Chance, an der Aktienstraße in historischen Dokumenten zu stöbern. Ab dem heutigen Mittwoch ist das Stadtarchiv für mindestens anderthalb Monate geschlossen. Voraussichtlich Mitte September wird es im neuen Haus der Stadtgeschichte wieder öffnen.

Umzugsvorbereitungen laufen an

Ein Besucher, betont Archivar Jens Roepstorff, war schon da. Wie zum Beweis liegen alte Standesamtunterlagen noch auf dem Tisch. Dieser ist mit einem blauen Aufkleber versehen; „Restaurierungswerkstatt“ steht darauf. Der bevorstehende Umzug ist nicht zu übersehen. Seit längerem laufen die Vorbereitungen – bei den Mitarbeitenden des Archivs und scheinbar auch bei dessen Nutzern, die in den letzten Wochen verstärkt kamen.

„Wir hatten einige Tage, an denen war es heftig“, sagt Jens Roepstorff und berichtet von einem Mann, der sich eine Woche Urlaub genommen hat, um noch einmal in den Unterlagen zu blättern. Familienforschung betreiben die meisten und die, so Roepstorff, „ist geduldig“. Der Stammbaum ist auch im September noch derselbe, vielleicht nehmen deshalb die meisten die (Zwangs-)Sommerpause gelassen.

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Spezialfirmen transportieren Archivalien

Dem Archiv-Team bringen die nächsten Wochen jedoch reichlich Arbeit. So wie die vergangenen bereits arbeitsreich waren. Die Mitarbeiter der Verwaltung haben viele ihrer (nicht historischen) Akten verpackt und sitzen nun in Büros mit halbleeren Regalen und vollen Kartons. Die sollen nächste Woche zur Von-Graefe-Straße gebracht werden. Das ist der einfache Teil. Jens Roepstorff spricht von einem „normalen“ Umzug. Für den besonderen sind Spezialfirmen verantwortlich. Sie werden die Archivalien transportieren, historische Urkunden, wertvolle Unikate, unwiederbringliche Dokumente, unzählige Bücher. Der Archivbestand wird nicht in Kartons transportiert, sondern in Rollwagen. Diese stehen teils schon bereit und werden ab Mitte August von den Fachleuten gefüllt.

Restauratorin Martina Erb hat die Bestände umzugsfertig gemacht, hat historische Bücher etwa in Packpapier eingeschlagen. „Sie“, sagt Jens Roepstorff, „hatte wohl die meiste Arbeit.“ In der Restaurationswerkstatt ist dann auch schon alles bereit. Kartons stapeln sich dort rund um schwere Arbeitsgeräte, die mit ebenso schwerem Gerät durch das Fenster gehoben werden müssen. Im Haus der Stadtgeschichte werden sie einen neuen Platz finden – und ergänzt: um Tische aus dem Lesesaal.