Eppinghofen. .
Der Goetheplatz ist nicht – wie mancher vermuten würde – die Keimzelle Eppinghofens. „Zuerst errichtet wurden schon in den 1870er Jahren die katholische und die evangelische Schule an der Bruchstaße. Dort, wo heute der Goetheplatz ist, war damals noch Brachland“, berichtet Christine Beese. Die Kunsthistorikerin beschäftigt sich in einem Forschungsprojekt der TU Dortmund mit dem Wiederaufbau urbaner Stadtquartiere nach dem Zweiten Weltkrieg – und hat sich ein Mülheimer Viertel „vorgeknöpft“, das architektonisch gesehen äußerst vielfältig ist: das Dichterviertel.
Gründerzeitliche Bauten mit schönen Stuckfassaden gibt es im Bezirk zwischen Heißener Straße und Bruchstraße eine ganze Reihe. Sie sind ab 1900 entstanden und verknüpft mit dem Namen Franz Hagen. So hieß der rührige Architekt, der Grundstücke etwa in der Rückert- oder der Bürgerstraße erwarb, bebaute und verkaufte – an eine bürgerliche Klientel.
Rundgang mit Interessierten
Den Anstoß zur Entstehung des Quartiers – so erklärte Beese beim Rundgang mit Interessierten – hatte jedoch zuvor der Reeder Johann Winschermann gegeben. Er schloss 1900 einen Vertrag mit der Stadt Mülheim und kaufte das Land nördlich der Bahnlinie auf, um dort städtebaulich etwas zu entwickeln – z. B. einen urbanen Platz, von dem sternförmig mehrere Straßen abgingen. „Winschermann war das, was man heute Investor nennen würde“, so Christine Beese.
Die Pläne für den Goetheplatz basierten auf einem für die Zeit typischen städtebaulichen Konzept. In zwei mehrgeschossigen Kopfbauten zwischen Lessing- und Rückertstraße, aber auch in der geschlossenen Gebäudezeile nördlich des Platzes, waren von Beginn an Ladenlokale für die Nahversorgung eingeplant. Der Platz selber wurde als Parkanlage für die Städter gestaltet. Mit, so schrieb Winschermann an die Stadtverwaltung, „einer Fontäne, einer Grotte und zwei Gaskandelabern“. „Er forderte auch einen Schutzmann, der für Ordnung sorgen sollte“, so Beese schmunzelnd. 1903 wurde der Park eingerichtet, die Unterhaltung übernahm die Stadt. Bald schon aber gingen erste Beschwerden ein – unter anderem über „lärmende Kröten“.
Welche Zeiten das Viertel seither durchlebt hat, spiegelt sich in der Architektur wider. Das himbeerfarbene Haus zwischen Kloppstock- und Goethestraße beispielsweise wurde 1936 gebaut und ist viel schlichter gestaltet als die Gründerzeitbauten. „Schlichtheit war eben schon vor dem Krieg im Trend“, erläutert die Kunsthistorikerin. Interessant an dem mehrstöckigen Gebäude: Zwei Wohnblöcke, die in V-Form angeordnet sind, werden über nur ein Treppenhaus erschlossen.