Mülheim.

Die 1930er-Jahre, Vorkriegszeit: Beschaulichen Mülheimer Alltag in dieser historisch hochbrisanten Phase dokumentiert die Ausstellung „Landpartie“, die ab Samstag im Haus Ruhrnatur zu sehen ist. Eine Wandergruppe hatte ihre Touren mit der Kamera begleitet, vor rund 80 Jahren, als Fotografie zum Volksgut geworden war. Aus rund 120 Glasdias, die im Stadtarchiv schlummerten, extrahierte dessen Leiter Dr. Kai Rawe die Schau.

Über die Menschen auf den spärlich beschrifteten Bildern hofft er anhand von Hinweisen aus der Bevölkerung mehr zu erfahren. Die Schauplätze lassen sich erschließen. So wanderte die kernig auftretende Truppe – Frauen in Röcken, Männer im Oberhemd, allesamt mit zünftigem Schuhwerk – zwar häufig auf Mülheimer Gebiet. Etwa an der heutigen Hölter-, die damals Hindenburgschule hieß, oder in den Mintarder Bergen, wo man ein „Rückepferd“, das geschlagenes Holz durch den Wald zog, bei der Arbeit fotografierte. Die Gruppe war aber auch in der Umgebung unterwegs: im Duisburg-Ruhrorter Hafen, am Viadukt in Velbert oder am Baldeneysee, wo die Staumauer oder die Zeche Carl Funke damals hochmoderne Bauwerke und attraktive Ausflugsziele waren.

Als Schnappschüsse werten

Manche Bilder, betont Rawe, seien als Schnappschüsse zu werten, „aber auch welche von beeindruckender ästhetischer Qualität sind darunter“. Spuren des Nationalsozialismus entdeckt man auch, aber mehr am Rande, etwa einen uniformierten SA-Mann, der Passanten eine Spendendose hinhält.

Wie bei der historischen Postkartenausstellung, die vor Jahresfrist im Haus Ruhrnatur gezeigt und als Publikumserfolg betrachtet wurde, gibt es ein Begleitprogramm zur „Landpartie“: Am 9. März und 18. Mai, jeweils um 14 Uhr, werden sämtliche Glasdias aus der Reihe vorgeführt, mit Erläuterungen von Dr. Kai Rawe und Stefanie Krohn. Am 20. April um 14 Uhr wird der historische Film „Die Ruhr“ aus dem Jahr 1937 gezeigt. Für diese Veranstaltungen bittet das Haus Ruhrnatur um vorherige Anmeldung unter 4433-380.

Stadtarchiv zieht in ehemalige Augenklinik

Erst, wenn das Mülheimer Stadtarchiv sein neues Domizil in der ehemaligen Augenklinik bezogen hat, wird es auch über eigene Ausstellungsfläche verfügen, um weitere solcher Fundstücke zu präsentieren. Für diese Zwecke genutzt werden sollen künftig 180 Quadratmeter im neuen Foyer, das man sich mit der Musikschule teilen wird, was zugleich neue Besuchergruppen ins Haus bringt.

Wann der lange geplante, vielfach verschobene Umzug ins „Haus der Stadtgeschichte“ vollzogen werden kann? Dr. Kai Rawe sagt: „Ich rechne mit dem Ende des zweiten Quartals 2013.“ Also: Juni.

Ausstellung im Haus Ruhrnatur

Eröffnet wird die Ausstellung im Haus Ruhrnatur am 16. Februar, also Samstag, um 11 Uhr und läuft bis 2. Juni. Besucher zahlen den regulären Eintritt: Erwachsene 3, Kinder 2 Euro. Täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr.

Hinweise zu den Personen auf den Fotos nimmt das Stadtarchiv entgegen: 455-4260 oder stadtarchiv@muelheim-ruhr.de.

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