Mülheim.
Das Fest der Liebe im Dreieck zwischen Autobahn, Bahnstrecke und Naturschutzgebiet: Zum siebten Mal fand am Wochenende im Mülheimer Ruhrstadion der Ruhr Reggae Summer statt. Unter dem Motto „Love, Peace and Music“ verwandelte sich Styrum für drei Tage in das mölmsche Jamaika – selbst das Wetter nahm für die mehr als 12 000 Festivalbesucher zum ersten Mal in der Geschichte durchgehend karibische Züge an.
Am frühen Freitagabend vor der Bühne: Die Stimmung ist ausgelassen, die Leute haben es sich mit Decken auf dem Boden gemütlich gemacht. Es ist ein lauer Sommerabend, der Sonnenuntergang sorgt für ein warmes, rötliches Licht. Ein süßlicher Geruch liegt in der Luft, der jeden Besucher das ganze Wochenende über begleiten wird – auch die Nichtraucher. Der Auftritt von Ronny Trettmann findet noch ein recht bescheidenes Publikum, viele sind auf dem Zeltplatz beschäftigt oder nutzen die letzten Sonnenstrahlen im Styrumer Naturschwimmbad.
Tagsüber ging es eher ins Schwimmbad
Als Jah Mason auf die Bühne kommt, steigt die Stimmung allmählich. Der Musiker kommt aus Jamaika, dem Mutterland des Reggaes. Die grün-schwarz-gelbe Flagge des karibischen Landes wird geschwenkt. Unter großem Jubel liefert Mason eine Liebeserklärung an Marihuana – ohne Rücksicht auf die anwesenden Polizisten der Drogen-Spüreinheit.
Tagsüber zieht es viele Festival-Besucher noch nicht vor die Bühne, sondern ins daran angrenzende Schwimmbad. Hier geht es genauso entspannt zu wie auf dem restlichen Gelände. In Bikini und Badehose wird sich auf der Wiese entspannt und die Abkühlung im Wasser gesucht. Weiter vorne verkaufen Stände Cocktails und Falafel. Hier lässt es sich gemütlicher essen als direkt vor der Bühne. Trotz in Teilen jamaikanischer und afrikanischer Küche erinnert die Anwesenheit von Pizza, Pommes und Döner dort immer noch ein wenig an eine Kirmes.
Ruhr Reggae Summer versprüht Hauch von Urlaub
Lisa und Steffi haben es sich im Sand vor dem Schwimmbecken gemütlich gemacht. Zum vierten Mal sind die beiden beim Ruhr Reggae Summer, angereist mit einer großen Gruppe aus Emmerich. Das Festival versprüht für sie jedes Jahr auch immer einen Hauch von Urlaub. „Das hat mittlerweile Tradition bei uns“, sagt Lisa. „Es ist hier einfach total entspannt und lustig. Alle sind offen und man kommt super schnell mit anderen Leuten in Kontakt.“
Das sommerliche Wetter an den drei Tagen hat diese Ausgabe noch mal ein Stück über die bisherigen gehoben – auch bei den Mädels aus Emmerich. „Letzes Jahr mussten wir tagsüber mal in ein Hallenbad nach Duisburg vor dem Regen flüchtete“, erzählt Steffi. „Jetzt ist es hier im Schwimmbad einfach perfekt.“ Die Auftritte der Künstler geraten da sogar ein bisschen zur Nebensache, am meisten freuen sich die beiden sowieso auf die langen Nächte im Party-Zelt.
Max Herre sorgt für Gänsehautstimmung
Dabei sorgt vor allem der Rapper, Songwriter und Sänger Max Herre für Gänsehautstimmung. Zum Auftritt des ehemaligen Kopfs der Band Freundeskreis ist es voll vor der Bühne, jetzt sind fast alle Besucher gekommen. Herre spielt Songs seines aktuellen Albums, begeistert das Publikum aber auch mit Freundeskreis-Hits wie „Esperanto“ oder „Anna“. Mit Reggae hat das weniger zu tun, seine Setlist ist von Hip-Hop geprägt, ein Stück mit Soul-Anleihen ist dabei. Das stört niemanden. Das Publikum geht von Beginn an mit – aus Reggae werden Hip-Hop-Gesten. Spätestens nach der Zugabe um kurz vor Mitternacht ist für alle klar: Was zählt an diesem Wochenende, ist nur die Musik!
Splitter vom Festival:
Party nach den Konzerten. Wenn nach Mitternacht die Auftritte der Musiker auf dem Ruhr Reggae Summer beendet waren, ging es für die meisten Besucher keineswegs zurück in die Zelte und auf die Luftmatratzen. Im „U-Club Soundsystem“-Zelt startete die Party erst nach 22 Uhr und endetete irgendwann am frühen Morgen. Das Besondere: Da die Zeltwände durchsichtig waren, konnten die ausdauernden Gäste den Sonnenaufgang beim Tanzen erleben. Wer den ganzen Tag über schon im Rhythmus schwelgen wollten, konnte das in der „Beach Area“ im Schwimmbad zu Dub-Step-Sounds machen.
Trinkspiele gehören zu einem Festival wie die Musik und die schlaflosen Nächte in der Zeltstadt. Besonders beliebt auch bei den Reggae-Fans: Flunkyball. Ein Spiel bei dem mit einem Ball aus einer bestimmten Entfernung Flaschen umgeschossen werden müssen. Zwei Gruppen treten gegeneinander an. Trifft die eine Gruppe die Flaschen, dürfen sie solange ihr Bier trinken bis die andere die Flaschen wieder aufgestellt hat. Apropos aufstellen: Schnell war der Keyboarder der Senior Allstars am Sonntag wieder auf den Beinen, nachdem er zum Ende des Konzerts wegen der großen Hitze einen Kreislaufkollaps erlitten hatte, von den Sanitätern aber bestens versorgt wurde.
Zufriedenheit beim Veranstalter
Große Zufriedenheit herrschte beim Veranstalter U-Concert. „Das war das beste Festival aller Zeiten“, sagte Leiter Henning Schmalenbach. „Alles hat gepasst. Wetter, Künstler, Leute waren perfekt.“
Zwei Besucher des Reggae-Festivals mussten am Samstagabend gegen 20.40 Uhr mit Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Nach den bisherigen Feststellungen der Polizei wurden einem 54-jährigen Mann aus Neuhofen, einem 25-Jährigen aus Ludwigshafen sowie einer Frau von unbekannten Männern Gebäck angeboten. Beide Männer aßen von dem Kuchen und brachen kurz darauf zusammen. Rettungswagen brachten sie zur Behandlung in ein Krankenhaus. Bei den Anbietern des möglicherweise mit Rauschmitteln versetzten Kuchens handelt es sich mutmaßlich um zwei Niederländer. Sie sind etwa 1,80 Meter groß und hatten lockige dunkle, bzw. blonde Haare.
Wegen des Verdachts der Körperverletzung hat die Polizei nun die Ermittlungen aufgenommen. „Laut, aber ruhig“ lautete insgesamt der Kommentar der Polizei am Sonntagsabend zum Reggae-Festival. Bis zum Redaktionsschluss konnte die Polizei keine besonderen Vorkommnisse melden. Außer, dass hin und wieder jemand etwas über den Durst getrunken hatte.
Die Stars des Ruhr Reggae Summer 2013