Mülheim-Styrum. .

„Hallo. Du, komme erst später, die Straßenbahn ist einfach ohne mich weitergefahren“, erzählt die etwa zwölfjährige Styrumerin ihrem Handy. Sie wirkt etwas verdutzt, denn die Linie 112 blieb zwar wie vorgesehen einige Sekunden an der Haltestelle Landwehr stehen, fuhr dann aber los, ohne jemanden einsteigen zu lassen. Für die verblüfften Fahrgäste heißt es nun: nächste Bahn in zehn Minuten.

Im Schneckentempo

Viele Nahverkehrspendler zwischen Mülheim und Oberhausen sehen solche Erlebnisse jedoch nur als die Spitze des Eisberges an. Denn seit die Straßenbahn-Linie 112 an der Stadtgrenze ihren Takt umgestellt hat, und von der Haltestelle „Landwehr“ aus nach Oberhausen nur alle 20 Minuten weiterfährt, scheint vieles aus dem Takt geraten zu sein: massive Verspätungen, Ausfälle oder überraschende Durchfahrten wie eben diese gehören für Styrumer auf beiden Stadtseiten zum nervtötenden Alltag.

Von bis zu 30 Minuten Wartezeiten auf die Bahn berichten einige Pendler. Dabei läuft es auf unserer Testfahrt zur Mittagszeit noch recht flüssig. Mit drei Minuten Verspätung fährt die Straßenbahn in „Stadtmitte“ ein. An der sanierungsbedürftigen Thyssen-Brücke, wo Autos und auch die Straßenbahn nur einspurig im Schneckentempo fahren können, ist zum Glück kein Stau. Schon nach einer halben Minute ist sie überquert.

Doch zu den Spitzen im Berufsverkehr sorgt diese Stelle wie ein Nadelöhr für kräftige Verspätungen, räumt ein Pressesprecher der Mülheimer Verkehrsbetriebe ein. Personalmangel und technische Mängel gebe es im Augenblick zwar nicht. Doch das ist nicht die Regel: Gerade die neueren Niederflurbahnen, die auf dieser Strecke eingesetzt werden, erweisen sich als besonders störanfällig. Andere Bahnen, die Ersatz leisten müssen, sind überaltert. Die jüngst vom Rat der Stadt genehmigten zehn neuen Bahnen für knapp 30 Mio. Euro sind nur Tropfen auf heißem Stein. „Wir brauchen 20“, forderte kürzlich MVG-Chef Klaus-Peter Wandelenus, „sonst droht der Kollaps.“

Es müsste erheblich mehr Geld in die Technik investiert werden, das Mülheim nicht hat. Und auch nicht die Nachbarstadt Oberhausen, die mit der Taktreduzierung der 112 ab „Landwehr“ die Beteiligungskosten an der gemeinsamen Straßenbahnlinie noch einmal abgesenkt hat. Das erhöht den Kostendruck auf die MVG ein weiteres Stück.

Um 12.26 Uhr hält die 112 an der Landwehr an – gerade einmal vier Minuten später als geplant. Alles gut gegangen. Doch schon die nächste Bahn kündigt sich nach einer Viertelstunde Wartezeit für zehn Minuten später an: Ein Styrumer Paar mit Kinderwagen verlässt entnervt die Haltestelle.