Mülheim. .

Ist der Gutachter-Entwurf für das künftige Nahverkehrsangebot schon wieder für die Tonne? Den Eindruck muss gewinnen, wer einen neuen Beschlussvorschlag für den Stadtrat studiert, mit dem die Beschaffung von 18 bis 20 neuen Straßenbahnen abgesichert werden soll.

In der Politik ist das Raunen schon groß, wird ihr nun plötzlich abverlangt, noch weitere 1,6 Mio. Euro Kosten aus dem ÖPNV-Angebot rauszuquetschen.

Die umstrittene Vorlage stammt aus dem Haus der städtischen Beteiligungsholding (BHM), ihres Zeichens Muttergesellschaft der MVG und als diese seit Jahren bedacht, den immensen Zuschussbedarf von annähernd 30 Mio. Euro jährlich für das Verkehrsunternehmen deutlich zu drücken. Bus statt Bahn – diese Debatte hat BHM-Geschäftsführer Dr. Hendrik Dönnebrink einst angezettelt.

6,3 Millionen Euro Zusatzbelastung im Wirtschaftsplan

Nun zeigt dieser sich nicht gewillt, zusätzliche Lasten aus der Straßenbahn-Bestellung im Wirtschaftsplan der MVG ohne Kompensation an anderer Stelle zu erdulden. Die Lasten ergeben sich laut Beteiligungsholding aus der vorzeitigen Beschaffung der Fahrzeuge und einer unsicheren Förderkulisse.

So würde der VRR als Fördermittelgeber, das hat er der WAZ gestern bestätigt, lediglich ca. 5 Mio. Euro noch in diesem Jahr nach Mülheim überweisen. Für 20 neue Niederflurbahnen rechnet die MVG aber mit Kosten von 56 Mio. Euro. Noch gibt es keinen Beschluss der VRR-Verbandsversammlung, wie eine Förderung ab 2014 weiterlaufen könnte.

Heißt laut Dönnebrink: Für die Finanzierung der Fahrzeuge muss mehr Geld aufgenommen und müssen folglich mehr Zinsen gezahlt werden, hinzu kommen höhere Abschreibungen für die zu ersetzenden alten Bahnen. Zusammen macht die BHM eine Zusatzbelastung im Wirtschaftsplan der MVG von 6,3 Mio. Euro aus (2014 bis 2017).

Taktsausdünnung im Straßenbahnverkehr befürchtet

Sie gelte es „durch (zusätzliche) Einsparungen“ im neuen Nahverkehrsplan zu kompensieren. Ein Hinweis darauf, dass die bisherigen ÖPNV-Pläne noch mal kräftig überarbeitet werden müssten: Der Nahverkehrsplan soll laut Beteiligungsholding nun erst im Winter 2013/14 verabschiedet werden, nicht mehr im Oktober.

Nicht einverstanden zeigt sich Axel Hercher, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen. Er fürchtet eine weitere Taktausdünnung im Straßenbahnverkehr. „Das“, so Hercher, „wäre der Offenbarungseid für den öffentlichen Nahverkehr in Mülheim.“ Auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Michels hält weitere Einsparungen im ÖPNV-Leistungspaket „für unmöglich. Dann stelle ich die Straßenbahn in Frage.“

Dieter Wiechering (SPD) kündigte an, dass er den entsprechenden Passus so nicht abzunicken gedenke. „Dann soll die Verwaltung Vorschläge machen, wie das erreicht werden soll. Vorher wird das nicht beschlossen.“