Mülheim. . Nachdem ein Stück der Deckenverkleidung in der Linie 112 heruntergebrochen ist muss sich die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) vorwerfen lassen, mit maroden Bahnen zu fahren. Das Herausbrechen des Deckenstücks begründet die MVG jedoch mit einer seltenen Panne. Politiker fordern nun Aufklärung.

Es sei eine Zumutung, mit diesen maroden Bahnen zu fahren, schimpft Brigitte Marquardt, eine 67-jährige Rentnerin und Kundin der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG). Was passiert war, bezeichnet sie als Katastrophe. In der Linie 112, in der sie saß, brach während der Fahrt die Deckenverkleidung in der Bahn herab. Der Fahrer stoppte sofort, alle Fahrgäste wurden aufgefordert, die Bahn zu verlassen. Und dann standen sie da, mitten in der Sonne. 1.45 Stunden lang.

„Von der MVG wurde uns keine alternative Beförderung angeboten, und auch Erklärungen gab es nicht.“ Die Passagiere, darunter ältere und gehbehinderte Personen, waren zwischenzeitlich über die Thyssen-Brücke, rund 800 Meter, geschickt worden, aber auch dort, so Brigitte Marquardt, habe man sie wieder warten lassen. Es sei eine Schande.

MVG - Keine marode Bahn

Das Herabstürzen von Deckenteilen in der Bahn liegt nach Auskunft der MVG keineswegs daran, dass die Bahn marode sei. Eine sehr seltene Panne sei eingetreten, so MVG-Sprecher Nils Hoffmann. Der Stromabnehmer auf der Straßenbahn war kurz zuvor abgerissen und auf die Straße geschleudert worden, durch den Druck hätten sich in der Bahn die Deckenteile gelöst. Der Stromabnehmer hatte sich mit seinen Verschraubungen öffentlich in der Oberleitung verfangen. Normalerweise, so Hoffmann, fällt dann nur kurz der Strom aus. In dem Fall war es mehr.

Was die MVG als bedauerliche Panne beschreibt, bezeichnet der Geschäftsführer der Fraktion WIR-Linke, Cevat Bicici, als unglaublich. Er saß ebenfalls in der Bahn: „Der Abriss der Halterung war massiv. Es war so laut, dass wir nicht wussten, was passiert war.“ Die Fraktion WIR-Linke sieht Parallelen zur maroden Strecke vom Hauptfriedhof in Richtung Flughafen, stellt die Frage nach der Sicherheit der Fahrgäste und fordert: Keine Flickschusterei mehr zu betrieben. In Styrum hätte Schlimmeres passieren können, so Bicici. „Personenschäden durch herumfliegende Stromabnehmer möchte man sich gar nicht vorstellen.“

Erweiterung des Betriebswerkstattbereichs

Bei der MVG sieht man in dem Vorfall kein Grund zur Besorgnis, gerade an der Stelle habe es sich nicht um eine der alten Bahnen gehandelt. Dass die Fahrgäste derart lange warten mussten, bedauert die MVG. „Das hätte eigentlich nicht sein dürfen, normalerweise setzen wir in solchen Fällen einen Bus als Ersatz ein“, sagt Olaf Frei, Sprecher der MVG. Doch an diesem Tag stand weder ein Bus noch ein Fahrer als Ersatz bereit – das Dilemma der MVG. Wenig Personal, wenige Fahrzeuge. Beides, verspricht das Nahverkehrsunternehmen, soll besser werden. Und auch bei der Wartung der Bahnen und Busse will man besser werden.

Die MVG muss es. In einem Schreiben an die Bezirksregierung kündigt sie unter anderem die Erweiterung des Betriebswerkstattbereiches für Straßenbahnen an, damit Instandsetzungsarbeiten effektiver durchgeführt werden können als bisher.

Sicherheitsmängel seinen nicht hinnehmbar

Die Bezirksregierung macht Druck und hat in einem Schreiben an die Stadt, das der WAZ vorliegt, deutlich beklagt, dass sie den Umgang des Werkstattpersonals mit Sicherheitsfragen für nicht hinnehmbar hält und nun ernsthafte Lösungsansätze erwarte.

Angesichts der Vorfälle fordert die SPD-Fraktion einen Bericht der MVG über die Kontrollen und Inspektionen bei Straßenbahnen und Bussen. „Bei den strengen Sicherheitsvorschriften für Busse und Straßenbahnen ist es völlig unverständlich, wie ein Stromabnehmer plötzlich auf die Straße fallen kann. Man kann von Glück sagen, dass hier keine Personen verletzt wurden“, so Rolf Mühlenfeld. „Sicherheitsmängel bei Bussen und Bahnen sind nicht hinnehmbar.“