Mülheim-Holthausen. .

Exklusiver geht es kaum. Das „Haus Urge“, das der Lederfabrikant Jean Baptiste Coupienne und seine Frau Martha 1913 am Kahlenberg bauen ließen, liegt - umgeben von viel Grün - in bester Lage hoch über der Ruhr. Die repräsentative Industriellenvilla, derzeit Firmensitz der Zenit GmbH, hat viel Charme - und in 100 Jahren einiges erlebt.

Ein Mülheimer Architekt war es, der das Herrenhaus unweit des Bismarckturmes entwarf: Franz Hagen (1871-1953), der u. a. auch die Lederfabrik Lindgens oder das Hotel Handelshof baute. „Martha Coupienne wünschte sich, dass das Haus dem elterlichen Schloss Blegge bei Bergisch-Gladbach ähneln sollte, so hat Hagen, den quadratischen Grundriss oder das Walmdach übernommen, selbst die Ecktürme mit Glockenhauben auf der Gartenseite erinnern an die barocke Wasserburg“, erklärt Dr. Barbara Kaufhold, die einen Festvortrag zum 100-Jährigen verfasst hat.

Eine Villa im strengen Stil des neuen Monumentalismus entstand, mit neobarocken und neoklassizistischen Elementen verziert. Auch im Innern des Gebäudes vereinigen sich sich traditionelle und moderne Elemente.

Viele Prominente waren zu Gast

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Die Coupiennes bewohnten die Bismarkstraße 28 bis 1923. Dann wurde sie von Gustav Stinnes gekauft, der ein Verwandter der Familie war. 1924 ging sie in den Besitz von Hugo Hermann Stinnes über, der hier zunächst mit Frau Mathilde und drei Söhnen, später mit seiner zweiten Frau Birte und weiteren drei Kindern lebte. Ausgenommen von 1945 bis 1958. Das britische Militär hatte das Haus besetzt und nutzte es als Offizierskasino.

„Nach dem Abzug der Engländer mussten die Stinnes das Haus renovieren lassen, einige Details wurden verändert. Der Garten im englischen Landschaftsstil ist unverändert“, so Kaufhold. Statt des Pools gab es dort vor dem Krieg einen Tennisplatz, auf dem Hugo Stinnes mit dem Deutschen Meister Kurt Gies spielte. Prominente waren im „Haus Urge“ ohnehin häufiger zu Gast, darunter Kurt Tucholsky, Helene Fahrni, Wilhelm Furtwängler, Generaloberst Hoepner, Generaloberst von Brauchitsch, Friedrich Flick, Willy Brandt oder der sehr enge Freund Albert Schweitzer.

1972 wurde die Villa an das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung verkauft, die es als Gästehaus nutzte. Unterschlupf hatte sie schon rund 30 Jahre früher gewährt. Denn: Hugo Stinnes hatte 1941 im Keller etwas Besonderes (im bergmännischen Vorbau) errichten lassen - einen Luftschutzbunker für 3000 Personen. Für sich und seine Familie, aber auch die Zivilbevölkerung am Kahlenberg.