Mülheim.
Schon in jungen Jahren hatte Susanne Galonska-Bracun ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Sie wollte nie nur für eine Partei streiten, sondern sich lieber die Argumente beider Seiten anhören, um dann nach einer gerechten Lösung des Konflikts zu suchen. Bereits zu Schulzeiten reifte in ihr die Idee heran, später einmal als Richterin zu arbeiten. Stringent verfolgte sie diesen Weg – so stringent, dass sie seit einiger Zeit gar Direktorin des hiesigen Amtsgerichts ist.
Jura war ein spannendes Studium, erinnert sich die 52-Jährige. Das klassische Vorurteil einiger Mitschülerinnen – „das ist doch so trocken“ – bestätigte sich nicht. Zum ersten Semester schickte die ZVS die Moerserin ins tiefe Bayern, nach Passau. Da der Vater erkrankte, wechselte sie nach Köln; „ich wollte näher am Elternhaus sein“.
JVA-Besuch noch gut in Erinnerung
Strafrecht fand die Studentin besonders interessant; zu den Erlebnissen, die noch gut in Erinnerung sind, zählte ein Besuch in der JVA Köln-Ossendorf. Die Studenten durften die Zellen besichtigen, die Werkstätten, die Kantine. Sie erfuhren, dass jeder Brief kontrolliert wird und jeder Besucher sowieso. So bekamen sie eine Idee davon, wie es sich anfühlen mag, wenn sich die schweren Türen für lange Zeit hinter einem schließen: „Das Eingesperrtsein hautnah zu erleben, das hat mich schwer beeindruckt. Das stellt man sich als junger Mensch einfach nicht so vor.“
Aufregend blieb es auch in der Referendarzeit, etwa als die angehende Juristin mit Polizisten Streife fuhr durchs nächtliche Duisburg. Zunächst war die Schicht ruhig, so blieb Zeit für eine Stadtführung besonderer Art: „Die Beamten haben mir gezeigt, wo Schimanski gedreht worden ist.“ Dann ein Alarm: Überfall auf eine Spielhalle. „Wir sind mit Blaulicht dahin gerast“, erinnert sich Galonska-Bracun. Der Tatort wurde gesichert, die Zeugen wurden befragt. „Eine Erfahrung, um die mich meine Referendarskollegen beneideten.“
Nach dem zweiten Examen im Jahr 1990 kam Susanne Galonska-Bracun erneut nach Duisburg, ans Landgericht, und danach erstmals an das Gericht, das sie heute leitet. Sie war Proberichterin in Mülheim und ab 1993 Strafrichterin mit fester Planstelle. Von 2000 bis 2002 beschäftigte sie sich mit Zivilsachen; dann führte sie der Weg wiederum nach Duisburg. Die Juristin war tätig in der Verwaltung des Landgerichts und in der Berufungszivilkammer des Präsidenten.
Ende 2012 an die Spitze des Gerichts
Über zwei Vize-Direktoren-Stellen an Amtsgerichten in Duisburg gelangte sie Ende 2012 schließlich an die Spitze des hiesigen Gerichts. Eine Entwicklung, die sie nachhaltig freut: „Dass es Mülheim werden würde, also meine ehemalige Wirkungsstätte, war doppelt schön.“ Die vielen bekannten Gesichter, der herzliche Empfang – „das hat mir den Einstieg leicht gemacht“.
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„Ein gut bestelltes Haus“ habe sie übernommen, sagt Galonska-Bracun, „mit einem Team, das hervorragend zusammenhält“. Was sich auch daran zeigt, dass sich die Kollegen gern mal privat treffen: etwa zur Fahrradtour, zum Juristenfest oder zum Waffelessen. Die Leiterin, die auch weiterhin Richterin ist, will diesen Zusammenhalt noch ausbauen. Und zudem manchen Verfahrensablauf im Haus optimieren: zum Beispiel durch den Einsatz von Spracherkennungs-Software beim Diktieren.
Insgesamt wünscht sich Galonska-Bracun „einen offenen, fairen, respektvollen Umgang – und zwar nicht nur der Mitarbeiter untereinander, sondern gerade auch im Umgang mit den Bürgern“. Das Ziel der neuen Direktorin ist klar: „Bei uns im Haus sollen sich alle gut aufgehoben fühlen.“