Mülheim. .
Nur noch diesen Monat hat die Bad Hersfelder Unternehmensgruppe Rosco Zeit, über eine Investition in den Kaufhof-Leerstand zu entscheiden. Anderswo, im hessischen Gießen, ist Rosco auch dabei, einem alten Kaufhof-Warenhaus wieder Leben einzuhauchen. Dort ist der Projektentwickler bisher schneller vorangekommen. Doch auch das Vorhaben in Gießen ist ins Stocken geraten.
Im Sommer 2012, wie in Mülheim, hatte Rosco den alten Gießener Kaufhof von der Metro erworben. Unterschied zum Engagement hier: In Gießen kaufte Rosco das Warenhaus ohne Wenn und Aber, in Mülheim ließ er sich von Eigentümer Jochen Hoffmeister ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag einräumen, zuletzt um drei Monate verlängert bis Ende März.
In Gießen plant Rosco im Gebäude, das über eine Verkaufsfläche von rund 12.500 m2 verfügt (Mülheim: 24.000 m2), wohl eine Einzelhandels-Nachnutzung mit wenigen Mietern auf großen Flächen. Mit C&A wurde bereits ein Ankermieter präsentiert. Laut Friedhelm Skib, Referent für Stadtentwicklung bei Gießens Oberbürgermeisterin, war als Alternative die Durchtrennung des Gebäudes im Gespräch, um eine kleine Einkaufs-Mall mit kleineren Geschäften ringsum reinzusetzen.
Schlecht zugeschnittene Ladenflächen
Rosco hatte laut Skib zunächst ein rasantes Tempo vorgelegt. Doch der für November 2012 angekündigte Bauantrag lasse heute auf sich warten. Die Eröffnung eines neuen Shoppingcenters schon in diesem Oktober sei „zeitlich nicht mehr machbar“. Doch glaubt man in Gießen an Rosco. Schließlich hat die Gruppe in dortiger Innenstadt schon die Galerie Neustädter Tor gebaut. 2005 wurde sie eröffnet – mit 80 Mieteinheiten für Einzelhandel und Dienstleistungen auf 32.400 m2 und 1060 Parkplätzen.
Das Neustädter Tor hat Rosco im Jahr nach der Eröffnung an den US-Fonds Pramerica Real Estate Investors verkauft. Das Centermanagement, seit vier Jahren in Händen der Essener MFI Management für Immobilien AG, hat seit Jahren mit Leerständen zu kämpfen. Die neuen Betreiber sehen die Verantwortung dafür bei Rosco. Sie klagten laut Gießener Allgemeine „über schlecht zugeschnittene Ladenflächen oder einen suboptimalen Branchenmix“. Die Architektur des Hauses sei zu verändern.
Trotzdem: Für die Wiederbelebung des Gießener Kaufhofs genießt Rosco bei OB-Referent Skib „grundsätzlich“ Vertrauen. „Mittlerweile haben wir aber das Gefühl, dass es stockt.“ Anfangs haben sich eine Arbeitsgruppe der Stadt und Rosco einmal monatlich getroffen. „Die Runde“, so Skib, „fällt seit November aus. Das macht zumindest nachdenklich.“
Projektentwickler steht für Fragen nicht zur Verfügung
Seine Planungen für den Mülheimer Kaufhof-Standort hält der potenzielle Investor Rosco komplett aus der Öffentlichkeit heraus. Für Fragen zum Stand der Dinge steht der Projektentwickler nicht zur Verfügung.
Selbst Kaufhof-Eigentümer Jochen Hoffmeister gibt an, seit langem schon „nichts zu wissen“. Die Rosco-Gruppe, die bis Ende März aus dem Kaufvertrag für das alte Warenhaus aussteigen könne, gebe ihm gegenüber keine Wasserstandsmeldungen ab.
Und doch hat die WAZ zumindest einige Informationen darüber, was Rosco umtreibt. Wie berichtet, kalkuliert Rosco mit einer Sanierung im Bestand. Im Unter-, Erd- und 1. Obergeschoss, so war zu hören, ist an Einzelhandel gedacht, für das schwierige 2. Obergeschoss könnte eine Lösung sein, das Parkhaus auf einen Teil der Fläche auszudehnen. Mittlerweile soll Rosco planen, das bestehende Parkhaus komplett abzureißen, um ein modernes neues zu bauen.
Ein starker Ankermieter soll eine große Fläche besetzen und Frequenz für das neue Center bringen. Dies soll wohl, geht der Wunsch von Rosco in Erfüllung, ein SB-Warenhaus à la Kaufland sein. Tengelmann hatte wohl auch offensiv und öffentlich Interesse bekundet, ist aber laut WAZ-Information zumindest nicht die erste Wahl. Ein SB-Warenhaus als Mieter lässt eine Einzelhandelsimmobilie jedenfalls im Wert steigen, sagen Branchenkenner.
Ohne Probleme zum Parkhaus gelangen
Wie weit Rosco bei der Suche nach Mietern aus der Einzelhandelsbranche ist, ist nicht bekannt. Knackpunkt in der Frage, ob Rosco Millionen investiert, ist auch die Verkehrssituation rund um den Kaufhof. Hier hat Rosco die Stadt zum Handeln aufgefordert. Ein Verkehrskonzept ist gefordert, das auf einen reaktivierten Einzelhandelsmagneten zugeschnitten ist.
Man denke nur an die angedachte Vermietung an ein SB-Warenhaus und den damit verbundenen Lieferverkehr. Auch dürfte Rosco daran gelegen sein, dass Kunden, die das Center mit Pkw ansteuern, aus allen Richtungen kommend ohne Probleme zum Parkhaus gelangen.
Diese Herausforderung dürften die Verkehrsplaner in Kürze der Zeit allerdings kaum meistern können. Sie haben erst kürzlich feststellen müssen, dass die Kreuzung am Berliner Platz, aber auch der Bereich Friedrich-Ebert-/Schollenstraße überlastet ist.