Stadtmitte. .

Müzeyyen Teken setzt sich hin, macht ein ernstes Gesicht und zeigt mit dem Finger mehrere Male bestimmend in die Luft. „Kaynana“, ruft jemand wie aus der Pistole geschossen. Großes Gelächter. „Kaynana“ ist türkisch und heißt „Schwiegermutter“. Und es war tatsächlich der Begriff, den Teken beim Scharadespiel mit ihrer Geste pantomimisch darstellen wollte.

Die 28-Jährige ist eine Türkin, die aus den Niederlanden kommt und in Mülheim lebt. Und sie ist eine von den Frauen, die am Sonntagnachmittag der Einladung von Kezban Iscan-Kirbas zu ihrer Teestube in der Dezentrale an der Leineweberstraße gefolgt sind. Unter dem Motto „5-Cayi – eine Teestube von und für Frauen“ möchte Iscan-Kirbas in Kooperation mit Theaterpädagogin Selma Scheele und dem Ringlokschuppen einen Treffpunkt für Frauen etablieren, bei dem sie sich austauschen, diskutieren und Geschichten erzählen können und gemeinsam Kunst und Kultur begegnen.

Von 15 bis 17 Uhr soll ab sofort jeden Sonntag erst mal gemeinsam Tee getrunken und gegessen werden. Dabei geht die Teestube zurück auf eine Tradition in der türkischen Gesellschaft: Beim sogenannten Fünf-Uhr-Tee wird die Arbeit stehen gelassen, um Neuigkeiten auszutauschen und Erfahrungen zu teilen.

Unsere Generation würde das auch nicht mehr akzeptieren

Heute stehen neben dem Tee auch Tomaten, Salat, Sonnenblumenkerne und Cigköfte – eine rohe Frikadelle – auf dem Tisch. „Cigköfte ist eine türkische Spezialität aus Ost-Anatolien“, erklärt die Mülheimerin Iscan-Kirbas, deren Eltern aus der Türkei kommen. Ab 17 Uhr sollen die Frauen dann gemeinsam kreativ werden. „Heute fangen wir nur mit Scharade und Karaoke an“, sagt die 27-jährige Initiatorin. Sie wolle sich langsam herantasten. Für die kommenden Treffen seien dann Malen oder Theater spielen geplant. „Mal sehen, in welche Richtung es sich entwickelt“, sagt die Deutsch-Türkin Scheele. Langfristig gesehen, hoffen die beiden Frauen jedoch, dass aus der Teestube vielleicht eine feste Theatergruppe entsteht.

Teken war bei Scharade die erste Mutige und muss erst noch die Begriffe „Einkaufstüte“ und „Bauchtänzer“ pantomimisch darstellen, bevor sich die nächste traut. Früher sei es für türkische Schwiegermütter typisch gewesen, ihre Schwiegertöchter herumzukommandieren und sich von ihnen bedienen zu lassen, erklärt sie ihre erste Geste. „Meine Schwiegermutter ist aber nicht so. Unsere Generation würde das auch nicht mehr akzeptieren“, sagt die 28-Jährige, die zwei Freundinnen mitgebracht hat.

Zur Teestube seien ausdrücklich alle Frauen eingeladen, egal welcher Nationalität oder welchen Alters, betont Iscan-Kirbas.

Jeden Sonntag ein anderes Programm

Das Projekt „5-Cayi – eine Teestube von und für Frauen“ wird vom NRW-Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport gefördert und findet ab sofort immer am Sonntag in der Dezentrale an der Leineweberstraße 15 bis 17 statt.

Alle Frauen, die Lust auf Kunst, Theater und Literatur haben, oder die einfach nur gemeinsam einen Tee trinken, etwas essen und reden wollen, ihre Fähigkeiten hervorbringen und andere begeistern möchten, sind zwischen 15 Uhr und 20 Uhr eingeladen, vorbei zu kommen. Die Teilnahme ist kostenlos und eine Anmeldung ist auch nicht erforderlich. Die nächsten Termine im Überblick:

3. März: Stricken bei Sufi-Musik zum Entspannen, 10. März: Märchen und Mythen lesen, 17. März: Malen mit Acrylfarben, 24. März: Schmuck gestalten, 31. März: Ostersonntag-Ruhetag, 7. April: Tanz und Theater.