Heißen. .
Die Inklusion an Regelschulen, der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern, gilt für die Schulen als eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Werden die Förderschulen in den Städten überflüssig?
Dr. Fernkorn: Keineswegs. Eltern müssen auch künftig das Wahlrecht haben. Wer überzeugt ist, dass sein Kind an einer Förderschule nach wie vor die beste Förderung erhält, wird sein Kind dort anmelden.
Nun gibt es an vielen Grundschulen und einigen weiterführenden Regelschulen bereits Inklusion. Wo sehen Sie beim Ausbau die Probleme?
Dr. Fernkorn: Ich schätze die Arbeit, die an den Grundschulen und weiterführenden Schulen bereits geleistet wird, und ich sehe, dass sich viele Schulen auf den Weg zur Inklusion machen. Doch wer behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam aufnehmen und unterrichten will, braucht dazu zunächst ausreichend Personal. Dieses muss speziell auf die Bedürfnisse von Förderschülern vorbereitet sein. Die Schulen müssen ganz andere Medien für den Unterricht zur Verfügung haben, und sie müssen schließlich auch baulich darauf vorbereitet sein, wenn sie Kinder mit allen möglichen körperlichen und Sinnes-Beeinträchtigungen aufnehmen wollen. Da gibt es sehr viel zu tun. Das kostet viel. Die Kommunen können das auf keinen Fall stemmen.
Was gehört für Sie zu den Voraussetzungen einer optimalen Förderung von behinderten Kindern?
Dr. Fernkorn: Als Grundvoraussetzung brauchen die Schulen genügend Lehrerstunden von Sonderpädagogen, ausreichende räumliche Ressourcen. Ganz wichtig ist zudem ein Klima des Miteinanders. Das soziale Lernen ist gerade bei der Inklusion sehr hoch einzustufen. Das ist etwas, wo wir an der Tersteegen-Schule zum Beispiel großen Wert darauf legen, dass kein Kind außen vor bleibt und am Rande steht.
Welches behinderte Kind würde von der Inklusion an einer Regelschulen profitieren?
Dr. Fernkorn: Die Kinder, die ein gesundes Selbstbewusstsein haben, die ein soziales Miteinander aktiv mitgestalten können und nicht am Rande stehen. Und ich denke dabei an Kinder, die nur eine einzelne Schwäche wie etwa eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben, aber ansonsten keine Beeinträchtigung aufweisen.
Den anderen Kindern würden Sie weiterhin eine Förderschule empfehlen?
Dr. Fernkorn: Ja, wir erleben immer wieder, dass bei Kindern viele basale Fähigkeiten zum Lernen nicht vorhandenen sind und die einen umfangreichen Förderbedarf haben.
Am Ende zählt auch der Vergleich: Auf welcher Schule erreicht mein Kind mehr? Was ist das Ziel der Förderschule?
Dr. Fernkorn: An der Tersteegen-Schule geht es darum, dass die Kinder nicht nur Inhalte lernen, sondern auch das Lernen lernen. Wir wollen ermutigen, stärken, Schüler wie Eltern und zeigen: Mit guter Förderung erreichen die Kinder etwas. Sie können den Hauptschulabschluss erzielen, eine Ausbildung machen. Wir sind eine Angebotsschule und konkurrenzfähig. Das wollen wir auch Eltern deutlich machen. Ich glaube, dass es da auch einen Sinneswandel gegenüber Förderschulen gibt.
Können Förderschulen den Anspruch auf individuelle Betreuung erfüllen?
Dr. Fernkorn: Förderschulen mit den Klassen 1 bis 10 bieten langes gemeinsames Lernen, was für viele Eltern und Kinder ein hohes Gut ist. Wir lernen in kleinen Gruppen, in jeder Klasse sind zwei Lehrkräfte. Auch der Offene Ganztagsbereich arbeitet mit kleinen Gruppen mit bis zu zwölf Kindern, die von zwei Erzieherinnen betreut werden. Für Betreuung und die individuelle Förderung sind das sehr gute Voraussetzungen. Überhaupt hat die Stadt Mülheim die Förderschulen in den vergangenen Jahren stets gut versorgt.